Sonntag, 24. Januar 2016

Shakra - High Noon


Band: Shakra
Album: High Noon
Spielzeit: 50:11 min.
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 29.01.2016
Homepage: www.shakra.ch


WERTUNG: 9 von 10


Tracklist:
01.Hello
02.High Noon
03.Into your heart
04.Around the world
05.Eye to eye
06.Is it real
07.Life's what you Need
08.The storm
09.Raise your Hands
10.Stand tall
11.Watch me burn
12.Wild and hungry

Lange Zeit hatte es ja so ausgesehen, als würden die Lichter im Hause SHAKRA endgültig ausgehen. Nach der Trennung von Sänger John Prakesh, der seine "beruflichen und privaten Ziele" anderweitig gesetzt hat und sogar dem Verkauf einiges an Equipment über die Bucht, sah es zumindest für mich danach aus. Doch KROKUS Legende Chris von Rohr haben wir es zu verdanken, dass Ex-Sänger Mark Fox zu den Eidgenossen zurück gekehrt ist, denn Chris hat, so wird gemunkelt, die verfeindeten Lager an einen Tisch gebracht und zu einer Aussprache gezwungen. Denn so ganz ohne kaputtes Porzellan verlief die Trennung 2009 nicht. Doch lassen wir die Vergangenheit ruhen und konzentrieren uns darauf, was die Schweizer Hardrocker nun auf Silberling gezaubert haben. 


Um es vorweg zu nehmen, in meinen Ohren ist "High Noon" das stärkste SHAKRA seit dem 2001er "Powerride" Hammer, wobei da sicher so mancher nostalgische Blick das Album verklärt. Mit der Single "Hello" haben Thom Blunier, Thomas Muster, Dominik Pfister, Roger Tanner und eben Mark Fox gleich einen richtig schönen schnellen Rocker komponiert, dessen Refrain sich auch ganz schnell in die Gehörgänge frisst. Mark Fox klingt, als wäre er nie weg gewesen. Herrlich. Richtig geil dann der etwas ruhigere Titeltrack "High Noon", der mich fast zu Begeisterungsstürmen hinreißen kann. "Into Your Heart" zieht das Tempo wieder leicht an, ist ein typischer SHAKRA Song, mit den gewohnten Trademarks. Bei "Around The World" werden dann die Gitarren tiefer gestimmt, das gibt dem Stück einen etwas modernen Touch. Ohne jedoch den klassischen SHAKRA Refrain zu vernachlässigen. Cooler Track. Auch "Eye To Eye" bleibt auf dieser Schiene, eine gelungene Gratwanderung zwischen klassischem 80er Jahre Hardrock und modernen Einflüssen. "Is It Real" geht dann wieder den traditionellen Weg. Den aber weiterhin auf sehr hohem Niveau. 

Die Ballade "Life's What You Need" ist zwar ganz gut gemacht, mir persönlich aber etwas zu schwülstig. Gerade beim Refrain könnte man fast volksfestmäßig mitschunkeln. Ist aber sicher Geschmackssache, wie immer, wenn es um Musik geht. "The Storm" legt anschließend die Latte für SHAKRA-typische Up-Tempo Songs wieder verdammt hoch. Dürfte zu einem richtigen Livekracher vor dem Herrn werden. Mit "Raise Your Hands" und dem abschließenden "Wild And Hungry" haben es dann noch zwei weitere Stücke auf "High Noon" geschafft, die live sicher für eine gewaltige Stimmung sorgen können. 

Und da wirklich kein einziger Ausfall auf dem kompletten Album zu finden ist, kann ich "High Noon" als ersten ernst zu nehmenden Anwärter auf das Album des Jahres 2016 betiteln. Das sind 50 Minuten SHAKRA at its best. Bin ich froh, dass Mark Fox wieder zurück ist und die Jungs solch eine Granate auf uns loslassen. Absolute Kaufempfehlung!

Markus


 

Dienstag, 19. Januar 2016

Simo - Let Love Show The Way


Band : Simo
Album : Let Love Show The Way
Spielzeit : 67:38 Min.
Plattenfirma : Provogue / Mascot
Veröffentlichung : 29.01.2016
Homepage : www.simo.fm

Wertung : 8 von 10

Trackliste : 
  1. Stranger Blues
  2. Two Timin' Woman
  3. Can't Say Her Name
  4. I Lied
  5. Please
  6. Long May You Sail
  7. I'll Always Be Around
  8. Becky's Last Occupation
  9. I'd Rather Die In Vain
  10. Today I'm Here
  11. Let Love Show The Way (Bonus Track)
  12. Ain't Doin' Nothin' (Bonus Track)
  13. Please Be With Me (Bonus Track)

Das Resultat dieser im Sommer '69 zunächst unbedeutenden Panne, bei der Studiotechniker Glen Snoddy versehentlich eine Gitarre in einen defekten Röhrenverstärker stöpselte, war eine Erfindung, die Musikern seither Klangverzerrungen und alle erdenklichen Soundeffekte ermöglicht. Die Fuzzbox !

Simo, das Trio aus Nashville/Tennessee um Sänger/Gitarrist und Namensgeber JD Simo nutzt die Möglichkeiten der damaligen Errungenschaft reichlich. Ergebnis ist ein kerniger Bluesrock-Mix mit gelegentlichen Griffen in die psychedelische Vintage-Kiste. Und das laut JD Simo stets in einem Take, live im "Big-House" Studio in Macon, Georgia eingespielt. Zumindest im zweiten Anlauf, denn die erste, fertig produzierte Version der Platte fiel einem plötzlichen Sinneswandel während der Studiojams zum Opfer...Platte fertig, also weg damit !

So geriert sich der Stranger's Blues, ein anfangs handzahmes Elmore James Cover, zu einem furiosen Spektakel, in dessen Verlauf die Hände des JD Simo auf der ehrwürdigen Les Paul von Duane Allman wahre Höchstleistungen vollbringen. Was soll ich sagen, es ist kein Griffbrettgewichse, es ist Geilheit in sechs Saiten. Solch einen Opener auf die Hörerschaft loszulassen, ist schon frech. 

Let Love Show The Way dürfte Anhängern von Rory Gallagher bis Gov't Mule das Grinsen ins Gesicht meisseln. Es sind eben nicht die technischen Finessen, die fingerfertigen Drum-Fills oder halsbrecherische Bassläufe, es ist Arbeit und der Geruch von Schweiss. Can't Say Her Name riecht förmlich danch, furztrocken und rauh...aber Simo können auch anders. Please und Long May You Sail warten mit eingängigen Strukturen auf, weit entfernt von schmissigen Harmonien, aber die überlassen Simo anderen Bands. Der eine darf auch mal als Partykracher verwendet werden, der andere, eine ruhig dahinfliessende King's X Gedenknummer, wendet das Blatt in verschiedene Richtungen. 



Mit Becky's Last Occupation reicht man Led Zeppelin Fans die Hand und mit I'd Rather Die In Vain stellt plötzlich Jimi Hendrix den Fuß in die Tür, dessen Musik sich im Jahr 2016 vielleicht so und nicht anders anhören würde, wer weiß das schon. Die knapp zehn Minuten lange Nummer entfaltet ein Flair, dem ich mich nur schwer entziehen kann. Hier darf gejammt werden, dass es eine Freude ist...und plötzlich wird klar warum ich die Jungs unbedingt live sehen möchte..."J.D Simo AND his band are the most humble down to earth people I have ever dealt with. I can not say enough about their professionalism. Very down to earth people with Unreal talent. The show was more than I could have asked for and I feel like I have made some new friends. I have this party every year and really I have no idea how to top the SIMO show......ZERO complaints" (Songkick, tze). Der Verfasser dieser Worte wird wissen warum er begeistert war. 

Eine wunderbar entspannte Schlussnummer beendet Let Love Show The Way. JD Simo zieht den Hörer diesmal mit seiner Akustikgitarre in den Bann. Today I'm Here dürfte als würdiger Abschluss bezeichnet werden...wären da nicht die Bonus Tracks der Deluxe-Edition. 

Der erste von dreien, gleichzeitig der Titelsong (muss man nicht verstehen), knüpft ein wenig melancholisch an die Stimmung der Platte an und dann Ain't Doin' Nothin': Die fast 14-Minütige Instrumentalnummer zeigt Simo erneut von einer anderen Seite...sämtliche Deadheads werden ihre Freude an dieser Nummer haben, die ein wenig an Jerry Garcia's Improvisationen der härteren Art erinnert. 

Let Love Show The Way ist eine spannende Reise durch die Vergangenheit geworden, trotz vieler Déjà Vus aber ohne Plagiatsvorwurf. Dafür sorgt der spezielle, eigenständige Sound des Trios. Allen voran, wie so oft, der Gitarrist. JD Simo wird uns in Zukunft noch viele wunderbare Momente bescheren, da bin ich mir sicher. Ob Provogue, dem niederländischen Label aus der Mascot Group, mit Simo ein Juwel heranwächst, warten wir natürlich wie immer erstmal ab. Das Potential hat die Band, selbst wenn Simo die Musik nicht revolutionieren

Mir ist das egal, ich bin begeistert und warte auf mehr.


Bernd

Sonntag, 10. Januar 2016

Konzertreview: Wucan Live in Münster / Rare Guitar 8.1.2016



Band : Wucan
Vorgruppen : Doc Heyne + Aerial
Location : Rare Guitar, 48153 Münster
Datum : 8.1.2016


Das Rare Guitar in Münster platzte im Grunde schon weit vor Beginn des Hauptacts aus allen Nähten. Wer also von Wucan nicht nur etwas hören, sondern auch sehen wollte, war gut beraten, sich rechtzeitig um einen Platz vor der kleinen, hinten rechts liegenden Bühne des Gitarrengeschäftes zu bemühen. Ja richtig, Rare Guitar ist ein kleiner Gitarrenladen mitten im Herzen von Münster. Der Shop und das nette Personal um Inhaber Rudi haben Charisma ohne Ende, aber nicht gerade viel Platz. So standen sich schon bei den Vorgruppen Doc Heyne (Tech-Metal mit singendem Schuhkarton) und Aerial (Slow-Dark-Pop) die Gäste auf den Füßen. Beide Bands bemühten sich redlich, konnten der erwartungsvollen Meute ob ihrer etwas speziellen Konzepte, aber nicht wirklich gerecht werden. 

Als Wucan dann kurz nach 23Uhr Equipment und Soundeinstellungen startbereit hatten, war das Gedränge wirklich etwas für Hartgesottene. Wobei ich auch 30 Jahre nach meinem ersten Konzertbesuch noch immer nicht verstehen will, warum sich die Zuspätkommer in letzter Sekunde mit einer Dreistigkeit durch die Menge drücken, das es schon an einer Frechheit grenzt. Andersrum ein gutes Zeichen dafür, dass die Dresdner inzwischen ein größeres Publikum ziehen...

Schon mit den ersten Takten ist klar dass nicht nur Frontfrau und Aushängeschild Francis Tobolski für den Aufstieg der Band verantwortlich zeichnet. Wucan sind ein eingespieltes Quartett und bringen mit King Korea vom Fleck weg Druck auf die engen 15m². Wie auf den beiden Studioveröffentlichungen Vikarma und Sow The Wind geben sich hart groovende Rockelemente und psychedelische Momente die Klinke, auch auf der Bühne, in die Hand. Und passend dazu setzt sich auch das Münsteraner Publikum zusammen...wo sonst sieht man schon mal den in Öko-Srick gekleideten Waldorf-Tänzer einhellig hinter dem Headbanger mit Metal-Kutte stehen ?



Die folgenden 80 Minuten sind geprägt von diversen Wow-Momenten. Sängerin Francis zieht, ob sie will oder nicht, die Leute in ihren Bann. Wenn sie die Querflöte herausholt, spirituelle Weisheiten vorliest oder ihre schlicht und ergreifend sensationelle Bühnenpräsenz und mimischen Fähigkeiten einsetzt...ist jedem klar dass Wucan ohne Francis wie Queen ohne Freddie wären. Über alledem stehen und überzeugen aber die Songs, Father Storm, Dopetrotter und Looking In The Past sorgen für begeisterte Gesichter unter den geschätzt 100 Zuschauern. Spätestens jedoch mit dem Schlusssong des regulären Sets, Wandersmann, und dem intensiven Einsatz des Theremin wird jedem klar geworden sein, daß Wucan die längste Zeit die kleinen Butzen wie das Rare Guitar besucht haben dürften. 


Zum Abschluss noch die Zugabe, und was für eine. Am I Evil von Diamond Head passte an diesem Abend wie die Faust aufs Auge. Selbst wenn die geile Nummer die Musiker an ihre Grenzen führte, war die durch Metallica bekannt gewordene Nummer aus besten NWOBHM-Zeiten ein würdiger Rausschmeisser. Mein Dank für den tollen Abend geht an Francis, Patrick, Phil und Tim. Tim war es denn auch, der die schnelle und anspruchsvolle Schlussnummer mit einem tollen Gitarrensolo garnierte. Danach war Schluss und mir bleibt nichts anderes übrig als Euch den zum Song passenden Blick zu präsentieren:


Bernd

Mittwoch, 6. Januar 2016

Axel Rudi Pell - Game Of Sins



Band: Axel Rudi Pell
Album: Game Of Sins
Spielzeit: 64:37 min.
Plattenfirma: Steamhammer/SPV
Veröffentlichung: 15.01.2016
Homepage: www.axel-rudi-pell.de



WERTUNG: 8,5 von 10


Tracklist:
01. Lenta Fortuna (Intro)
02. Fire
03. Sons In The Night
04. Game Of Sins
05. Falling Star
06. Lost In Love
07. The King Of Fools
08. Till The World Says Goodbye
09. Breaking The Rules
10. Forever Free
11. All Along The Watchtower (Bonustrack, Digipack)

Wir schreiben das Jahr 2016, ganz Deutschland ist von Helene Fischer und Konsorten verseucht, da leistet eine Band mit ihrem passenderweise 16. Album Widerstand. Jaja, ein mieser Einstieg, aber nach dem fulminanten Charteinstieg des Vorgängers "Into The Storm" (2014), der es sogar bis Platz 5 schaffte, bin ich mir sicher, dass AXEL RUDI PELL auch anno 2016 die Top Ten knacken werden. Denn die altbekannten Zutaten werden bei "Game Of Sins" wieder routiniert zu einem wohlschmeckenden Hörcocktail vermixt. Nach dem obligatorischen Intro böllert "Fire" gleich mal richtig fett aus den Boxen. Schön, dass Bobby Rondinellis Schlagzeugspiel diesmal wieder etwas besser zur Geltung als beim Vorgänger kommt. Über die Qualität der einzelnen Bandmitglieder großartig zu schwadronieren spare ich mir lieber. ARP sind ein eingespieltes professionelles Team, die sich einfach super ergänzen. 


Doch zurück zu "Fire", flott, melodisch mit eingängigem Refrain zwar kein Klassikeranwärter, aber ein guter Beginn. "Sons In The Night" huldigt der TV-Serie "Sons Of Anarchy" und kann mit klassischem sauberen Songaufbau überzeugen, ebenfalls ein richtig guter ARP Song, meiner Meinung nach. Beim Titeltrack wird es dann richtig episch, fast 9 Minuten vergehen vom ersten bis zum letzten Ton. Und was soll ich kurz dazu sagen? Keine Sekunde ist langweilig, der Refrain geht sofort ins Ohr und bleibt dort hängen. Herrlich, da war endlich die Vorfreude nicht die schönste Freude. Bei "Falling Star" zaubern die Jungs ein Riff-Feuerwerk aus den Saiten, welches hoffentlich nicht nur mich zum Mitbangen animiert. Ebenfalls ein Highlight des Albums. 

"Lost In Love" hätte man sich meiner Meinung nach sparen können, viel zu schmalzig, da rettet auch Johnny Gioeli nichts mehr. Mit "Till The World Says Goodbye" gibt es zum Glück später wieder ein Stück, welches sogar an die großen Klassiker herankommt. Episch, ausladend, düster mit verspieltem Aufbau. Wer dem Song mehr als nur 5 Durchgänge gibt, wird es sicher lieben. Mir geht es jedenfalls so. Da auch der Digipack Bonus Track "All Along The Watchtower" noch einiges an Kohlen aus dem Feuer holt (ja, der Bob Dylan Song, den Jimi Hendrix so wunderbar interpretiert hatte) und auch die restlichen Stücke qualitativ nicht all zu sehr abfallen, kann ich frohen Mutes 8,5 Punkte zücken und eine Kaufempfehlung an alle Jünger des Bochumer Blondschopfs aussprechen.

In dieser Form macht es Spaß der Band stundenlang zuzuhören. Klar wird so mancher wieder sagen, aber Album X oder Y war besser, doch das ist mir egal. "Game Of Sins" ist ein tolles Melodic Metal/Hardrock Album geworden, welches in jeden gut sortierten Plattenschrank (falls den noch jemand hat) oder zumindest in die MP3 Sammlung gehört.

Markus

Freitag, 1. Januar 2016

Pristine - Reboot



Band : Pristine
Album : Reboot
Spielzeit : 45:14 Min.
Plattenfirma : Pristine Music Production / Cargo
Veröffentlichung : 22.01.2016
Homepage : www.pristinemusicproduction.com

Wertung : 8 von 10 


Trackliste :
  1. Derek
  2. All Of My Love
  3. All I Want Is You
  4. Bootie Call
  5. Reboot
  6. The Middlemen
  7. California
  8. Louis Lane
  9. Don't Save My Soul
  10. The Lemon Waltz

Manch einer stellt sich bestimmt die Frage, wie lange der Boom psychedelisch angehauchter Rockbands noch anhalten mag. Vielleicht sollte man sich bei der Fülle dieser Bands auch mal überlegen, über wie viele dieser Gruppen wir in 10 Jahren noch reden werden. 

In der Tradition dieser Bands namens Blues Pills, Wucan, Graveyard oder Horisont stehen seit ihrem 2011er Debut auch die Norweger Pristine. Die aus Oslo stammende Band um Sängerin und Labelbetreiberin Heidi Solheim wird ihr drittes Album im Januar auf den Markt werfen. Konnten die beiden Vorgänger Detoxing (2011) und No Regret (2013) noch ausschliesslich über einen norwegischen Verlag bezogen werden, dürfte Reboot durch die Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner Cargo deutlich leichter zu beschaffen sein.

Und was soll ich sagen, man sollte den Musikern erstmal zu einer richtig guten Platte gratulieren, selbst wenn der Einstieg in Reboot ein paar Sekunden lang an eine Rage Against The Machine-Gedenkveranstaltung (zieht man das kurze Harp-Intro ab) erinnert. Der Eindruck währt jedoch nur ganz kurz und die nachfolgenden 45 Minuten lassen ein ganz anderes Licht auf die Platte scheinen. Pristine verstehen sich dank Frontrau Heidi auf knallharten Bluesrock ebenso wie auf sensible Momente. Überhaupt Heidi Solheim...die Dame erinnert ein wenig an amerikanische Sängerinnen wie Dana Fuchs oder Beth Hart und hat 2011 mit Found ein ganz feines Solo-Album veröffentlicht, gefolgt von Dinosaus, einem Kinder-Konzeptalbum im Blues-Pop-Rock Stil, mit dem sie die norwegischen Kids (die Platte ist heimatsprachlich eingesungen) unter anderem darüber aufklärt, daß nicht jeder Musiker eine Karriere der Marke Justin Bieber hinlegen kann.

Es gibt Musiker, die hatten schon schlechtere Ideen...


Die Musik der Band auf eine Person zu reduzieren wäre jedoch ungerecht und völlig falsch, denn bereits mit dem dritten Song, All I Want Is You, entfalten Pristine ein Flair, das nur eine gewachsene Band hinbekommt. Die mit viel Hall unterlegte Gitarre weist den Weg in einen atmophärisch-schwebenden 6-Minüter, der an Intensität stetig hinzugewinnt und von einer zunächst zurückhaltenden Orgel profitiert, die im hinteren Drittel aus der geilen Nummer eine sehr geile macht. Meine unbedingte Empfehlung zum Reinhören !!!!!
Ganz ähnlich der Titelsong. Der langsam stampfende Beat von Drummer Karl Karlsen legt das Fundament über das sich langsam eine immer fetter werdende Orgelschicht samt Querflöte und Bläsersatz legt. So schwillt der Song innerhalb von knapp sechs Minuten zu einem furiosen Ende an, welches erneut von der Stimme Solheims, die einen Moment lang an die legendäre Björk erinnert, gekrönt wird. The Middlemen trägt Euch durchs Wohnzimmer, ob ihr wollt oder nicht. David Gilmour hätte garantiert nichts gegen den naheliegenden Vergleich mit dem Gitarrenspiel von Espen Elverson, aber da täte man Pristine einen Bärendienst. Denn die Kombination aus der unglaublich wandelbaren Stimme ihrer Sängerin und der überragenden Leistung von Gitarre, Orgel und Rhytmusgruppe ist durchaus eigenständig und bedarf gar keines Vergleiches mit bekannteren Bands.


 
Es beschleicht mich allerdings auch der leise Gedanke, daß die Band sich ihrer Fähigkeiten nicht wirklich bewusst ist. Ich habe bei California, Lois Lane und Don't Save My Soul, allesamt wirklich hörenswert, das Gefühl daß Songs eingespielt wurden, weil man halt grundsätzlich den bluesbasierten Rock in der Vita halten möchte. Das ganze Ausmaß der Möglichkeiten wird halt immer dann deutlich, wenn Heidi Solheim besonders glänzt und ihre Mitmusiker mitzieht. Immer dann stelle ich mir die Frage, wie sich deutlich getragenere Rootsmusik der Marke Raising Sand (Alison Krauss & Robert Plant) oder OH (Ohio) von Lambchop wohl in der norwegischen Pristine-Interpretation anhören würde.

Norgeicana quasi...

Reboot endet mit dem fantastischen The Lemon Waltz. Bei der viereinhalb-minütigen Schlussnummer richten sich mir erneut die Nackenhaare auf, dermaßen gefühlvoll transportiert der vielschichtige Gesang Solheims die ergreifende Stimmung dieser Nummer. So endet die Wundertüte Reboot. Ich bin mir sicher, daß da noch einiges kommt und freue mich schon drauf.

Bernd