Band: Fear Factory
Album: The Industrialist
Spielzeit: 48:50 min.
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 01.06.2012
Homepage:
www.fearfactorymusic.com
WERTUNG: 7,5 von 10
Tracklist:
1. The Industrialist
2. Recharger
3. New Messiah
4. God Eater
5. Depraved Mind Murder
6. Virus of Faith
7. Difference Engine
8. Dissemble
9. Religion is Flawed Because Man is Flawed
10. Human Augmentation
Die Zähne bringen sie schon lange nicht mehr zum Klappern, dafür hat die Angst Maschine, in den letzten Jahren, einfach zu uninspirierte und durchschnittliche Alben veröffentlicht. Nachdem sich die Streithähne Bell und Cazares wieder vertragen und mit "Mechanize" (2010) ein sehr ordentliches "Comeback" Album veröffentlicht hatten, traute man ihnen auch wieder zu, dass sie Angst und Schrecken verbreiten könnten. Ein neuer Grundstein war, durch den Silberling, gelegt und natürlich wurde das neue Output dementsprechend auch mit Spannung erwartet. Können FF noch eine Schippe drauflegen oder gar an selige "Demanufacture" - Zeiten anknüpfen? Man muss ganz klar sagen, dass das Niveau, vom besten und erfolgreichsten Album, niemals erreicht wird. Die Formation versucht die gute Leitung weiterzuführen, welche sie mit dem 2010'er Album abgeliefert hatten. Dies gelingt ihr über weite Strecken, aber im direkten Vergleich zieht "The Industrialist" den kürzeren.
Die Band besteht momentan aus:
- Burton C. Bell - Gesang
- Dino Cazares - Gitarre
- Matt DeVries - Bass (Ex - CHIMAIRA)
2012 verzichten FEAR FACTORY auf den menschlichen Drummer und vertrauen mehr auf die Künste der maschinellen Intelligenz. Natürlich passt der unmenschliche, kalte Schlagzeugsound perfekt zum Konzept des Albums (Maschine erhebt sich ... - kennen wir ja schon von einigen Releases der Band). Ich persönlich finde es schade und verstehe diese Entscheidung nicht, da die Angstmaschine, in der Vergangenheit, einen ähnlichen Klang, mit Hilfe eines menschlichen Schlagzeugers, bestens hinbekommen hat.
Im Produzentensessel nahm, wie schon beim Vorgänger, der Electronic/Industrial Pionier Rhys Fulber (FRONT LINE ASSEMBLY und produzierte unter anderem PARADISE LOST's "Symbol Of Life" und "In Requiem"), platz und verpasste "The Industrialist" einen gnadenlos kalten und harten Sound, der einen richtig vom Stuhl haut.
Burton und Dino bieten wieder eine Top-Leistung. Bell bellt sich aggressiv durch die Textpassagen und glänzt besonders bei den melodischen Einschüben/Refrains. Sein Gesang gefällt mir 2012 sogar teilweise noch besser, da ich finde, dass er noch variabler agiert als in der Vergangenheit. Dino pfeffert die harten Riffs nur so raus und begeistert durch sein bretthartes Stakkato-Gitarrenspiel. Zum Schlagzeug habe ich weiter oben schon etwas geschrieben.
Die Jungs verfeinern ihren beinharten Industrial Metal durch einige elektronische Samples/Spielereien (z.B. Klavier, Keyboardparts etc.) und versuchen sich so vielseitig/experimentell wie möglich zu zeigen. Dies geht für mich nur teilweise auf, denn darunter hat auch das Songwriting etwas gelitten. Ab ca. der Hälfte lässt der wirklich stark beginnende Longplayer ein bisschen nach und endet mit einer völlig unnötigen und langweiligen Nummer.
Beim Opener wäre ich fast ausgeflippt. "The Industrialist" ist ein genialer und brettender Industrial Kracher, wie man ihn schon lange nicht mehr von FF um die Ohren geschmettert bekommen hat. Das eindringliche, künstliche Drumming peitscht sich durch den Track und Dino's Spiel ist gigantisch. Seine Riffs kommen maschinengewehrartig aus den Boxen geschnellt, spacige Samples werden sehr gekonnt eingestreut und Bell brüllt, mit einer schier, nicht enden wollenden Wut. Sensationeller Start! "Recharger" geht in die Richtung des Openers, wobei Burton hier variabler singt. Brüll- und Klargesang wechseln sich perfekt ab. Ich mag es einfach, wie er melodisch die Refrains intoniert. Eigentlich habe ich gedacht, dass der erste Track nicht mehr zu toppen sei, aber da habe ich wohl die Rechnung ohne "New Messiah" gemacht. Dino spielt sehr abwechslungsreich, seine harten Riffs werden immer wieder durch melodische Einschübe unterbrochen, die SCI-FI Keyboards sind wundervoll eingesetzt und der Wechselgesang des Fronters, erreicht die beste Qualität, welche man von Bell erwarten konnte. Nach drei Nummern, davon waren zwei absolute Volltreffer, rieb ich mir schon vor Freude die Hände und zappelte, wie ein Schulkind, in freudiger Erwartung auf den nächsten Track, auf meinem Sessel herum. "God Eater" besitzt wieder tolle Samples, kommt sehr steril und kalt aus den Boxen und der Gesang erreicht den Höhepunkt an Kälte, Aggressivität und Emotionslosigkeit. Die ständig wiederholenden Riffs zermürben das fröhliche Gemüt und hinterlassen einen völlig verstörten Zuhörer. Zwar kommt die reine Electronic/Industrial Ader zum Vorschein, aber dennoch ist der Song ein hartes und zerschmetterndes Stück Musik geworden. Klasse! Das folgende "Depraved Mind Murder" bietet knallharten Industrial Metal, mit Stakkato Riffs, Wechselgesang und sphärischen Keys, aber haut mich aber nicht ganz so aus den Latschen, ganz im Gegensatz zu den vorherigen Nummern. Guter Angstmaschinen-Stuff, wie er auch schon Anfang der '2000er Jahre geboten wurde (als Vergleich kann man hier das Material der "Digimortal" - 2001 - nennen). "Virus Of Faith"poltert mir etwas zu langweilig aus den Speakern. Zwar kommen Burton's Vocals wieder sehr gut rüber, aber die Drums sind einfach ideenlos programmiert und auch Dino's Gitarrenspiel war schon einfallsreicher. Es ist schon fast eine kleine Überraschung, dass der melodische Endpart des Gitarristen, die Kohlen gerade noch aus dem Feuer holen kann und die Nummer nicht total ins Bedeutungslose abrutscht. Mit "Difference Engine" haben die Jungs eine weitere durchschnittliche Nummer auf das Plastik gebannt. Abgehacktes Riffing, Keys und Klar- und harsche Töne aus dem Organ des Shouters. Nichts wirklich aufregendes und es bleibt auch nicht viel vom Track, im Gehör, hängen. Bei "Disassemble" zeigt sich die Band von ihrer unmenschlich kalten Seite/Härte und bietet die gewohnten Trademarks, welche man von der Formation erwartet. Mit einem wunderschönen Klaviersample unterlegt ist das knapp zwei minütige "Religion Is Flawed Because Man Is Flawed", welches aber nicht wirklich als Song gewertet werden kann. Es ist mehr eine Einleitung/Intro an das anschließende "Human Augmentation", das nur aus Soundcollagen und Whisper-Einsätze vom Sänger besteht. Und das satte 9 Minuten! Hier dominiert pure Langeweile und ist ein absolut ärgerlicher Filler.
"The Industrialist" beinhaltet 5 gute bis sehr gute Titel, sowie 3 durchschnittliche Nummern und einen Totalausfall (Song 9 werte ich nicht als vollwertigen Track) und hinterlässt bei mir gemischte Gefühle. "Mechanize" bot, über die gesamte Spielzeit, einen besseren Eindruck.
Der neue Silberling bietet gute FEAR FACTORY Kost, die jeden Industrial Metal Anhänger gefallen könnte, aber zwingend finde ich das Endresultat nicht. Fans sollten das Album mal antesten, Neueinsteiger kann ich eh nur die "Demanufacture" empfehlen.
Aufgrund des bockstarken Beginns bekommt das Album 7,5 Punkte von mir.
Götz