Samstag, 26. August 2017

Janet Gardner - Janet Gardner

Interpret: Janet Gardner
Album:
Janet Gardner 
Spielzeit: 38:43 min.
Plattenfirma: Pavement Music
Veröffentlichung: 18.08.2017
Homepage: https://www.facebook.com/profile.php?id=100009102087408




Wertung:   7 von 10 Punkten
 


Tracklist:


01. Rat Hole
02. Hippycrite
03. If You Want Me
04. Candle
05. Your Problem Now
06. Let It Be Over
07. Lost
08. The Grind
09. Best Friend
10. The Good Or The Bye
 
 
Langsam aber sicher melden sich die Rockladies der 80er auch wieder zurück. Nach Lee Aaron steht nun Vixen's Frontfrau Janet Gardner in den Startlöchern mit ihrer ersten, selbstbetitelten Soloscheibe. Vixen sind ja in neuer Besetzung seit einiger Zeit wieder am Start, doch nunmehr startet Mrs. Garder ihr Solodebut, welches sie gemeinsam mit ihrem Partner und  Gitarrero Justin James eingetütet hat.
 
Wer erwartet, dass er hier fluffligen, angestaubten Melodicrock/AOR erhält, liegt erstmal grundfalsch. Zwar sind die Trademarks ihrer Hauptband durchaus vorhanden, jedoch sehr dezent eingesetzt. Vielmehr geht es hier härtetechnisch durchaus zur Sache und das alles in einem sehr  modernen Soundgewand.
 
Stimmlich weiss Mrs. Gardner auf jeden Fall auch in 2017 noch zu überzeugen, doch was kann die Scheibe insgesamt?
 
"Rat Hole", ein Song der das amerikanische Gesundheitssystem anprangert, setzt das Ausrufezeichen für die nächsten knapp 40 Minuten. Ein flotter Heavyrocker mit etlichen modernen Soundeffekten, dennoch mit Melodie und guter Hookline. So kann es weitergehen.
 
"Hippycrite" ist ein heimlicher Hit, der durchaus von den Füchsinnen stammen könnte , allerdings auch mit einem Zacken Härte mehr. 
 
Bei "If You Want Me" fühlt man sich nun dann doch in den 80ern zurück - zumindest melodietechnisch, der AOR-lastige Track ist jedoch sehr modern produziert, manchmal etwas ZU modern wie ich finde und auch der Sound ist irgendwie zu vollgepropft mit Effekten und klingt zum Teil etwas gewollt und steril, etwas, an dem die ganze Scheibe doch etwas leidet. Manchmal ist weniger mehr (5 Euro dafür ins Phrasenschwein).
 
"Candle" ist ein anfangs eher ruhig gehaltener Track, der auch wieder etwas an den zu prominent eingesetzten Soundeffekten leidet, im Mittelteil aber ordentlich Fahrt aufnimmt. Janets Stimme wurde aber weitgehend naturbelassen, so dass das Stück doch auf der Habenseite verbucht werden kann,

"Your Problem Now" ist ein gelungener Kompromiß aus tiefergestimmten Gitarren und guter Melodie. Der Chorus sitzt und die Gitarren geben ordentlich Gas, während die aggressive Gesangsseite von Mrs. Gardner zum Vorschein kommt.
 
Bei "Let it Be Over" dürfte bei manchem Traditionalisten die Schmerzgrenze überschritten sein, was moderne Sounds angeht. Das ganze ist eher Pop mit viele a-cappella-Stellen, den auch das gelungene Gitarrensolo nicht mehr so richtig retten kann. 
 
"Lost" macht den vorigen Ausfall dann locker wieder wett, eine schöne Hymne mit einem geschmeidigen hitverdächtigem Chorus.
 
"The Grind" tendiert dann eher wieder in die Industrial-Richtung, ein recht konfuses Ding von Song, den man eher leider unter "Totalausfall" einreihen muss. Spätestens hier geht einem der aufgeblasene Sound doch arg auf die (Ohr-)Nerven. Der verfremdete Gesang im Chorus muss nun bei einer klasse Stimme, wie sie Janet nun mal hat, wirklich nicht sein.
Leider furchtbar.
 
Als ob sie es selber eingesehen hätten, biegen die letzten beiden Songs dann wieder qualitätskonform auf die Zielgerade der CD ein.
 
"Best Friend" ist eine Akustikballade, bei der sämtliche Produktions-Effekthaschereien über Bord geworfen wurden und die zeigen, dass es Janet und Göttergatte durchaus auch so können.  Der Rausschmeißer "The Good Or The Bye" ist dann ein rotzig-punkiger Rocker, der auch weitgehend auf Produktionstricks verzichtet, was der Platte hörbar bei manchen anderen Stücken gutgetan hätte.

Fazit: Die Scheibe ist durchaus abwechslungsreich, krankt aber teilweise an der arg gewollt-modernen Soundausrichtung, die oftmals einfach zu undifferenziert klingt. Die Songs sind durchaus vorhanden, wenn auch mit zwei Totalausfällen ("The Grind" und "Let It Be Over") garniert.

Nachdem die starken Stücke jedoch bei Weitem  in der Überzahl sind und Janet stimmlich souverän agiert, geb ich mit Wohlwollen noch eine 7. Der traditionelle 80er Melodicrocker in mir würde sich jedoch ein Vixen-Album im klassischen Stil wünschen. Was nicht ist kann ja noch werden.
 
Bis dahin hat man durchaus Spass mit Janets Solo-Scheibe.
 
 
 
Martin
 
 
 

 


Dienstag, 15. August 2017

Walter Trout - We're All In This Together


Interpret : Walter Trout
Album : We're All In This Together
Spielzeit : 69:38 Minuten
Veröffentlichung : 01.09.2017
Plattenfirma : Provogue Records / Mascot
Homepage : www.waltertrout.com

Wertung : 8 von 10

Trackliste :

  1. Gonna Hurt Like Hell (feat. Kenny Wayne Sheperd)
  2. Ain't Goin' Back (feat. Sonny Landreth)
  3. The Other Side Of The Pillow (feat. Charlie Musselwhite)
  4. She Listens To The Blackbird Sing (feat. Mike Zito)
  5. Mr.Davis (feat. Robben Ford)
  6. The Sky Is Crying (feat. Warren Haynes)
  7. Somebody Goin' Down (feat. Eric Gales)
  8. She Steals My Heart Away (feat. Edgar Winter)
  9. Crash And Burn (feat. Joe Louis Walker)
  10. Too Much To Carry (feat. John Nemeth)
  11. Do You Still See Me At All (feat. Jon Trout)
  12. Got Nothin' Left (feat. Randy Bachman)
  13. Blues For Jimmy T. (feat. John Mayall)
  14. We're All In This Together (feat. Joe Bonamassa)

Im Laufe eines Musikhörer-Lebens beschleicht einen ja schon mal das Gefühl, einen Tonträger erworben zu haben, der trotz hysterischer Vorab-Lobhudelei letztlich völlig uninspiriert und ausschließlich Montags aufgenommen wurde. Andersrum gibt es glücklicherweise Musiker, bei denen man so etwas niemals befürchten würde, nämlich den Fan zu bescheißen, niemals. Diese bleiben selbst auf ihren miesesten Platten authentisch und auf ewig unsere erklärten Sympathieträger. So wie Rory Gallagher, dem hätte ich niemals zugetraut dass seine Lippen eine Lüge formulieren könnten, über seinen Alkoholkonsum vielleicht, aber sonst....nie im Leben. Aber wer kennt die Leute schon wirklich ?

Walter Trout gehört für mich auch eher zu letztgenannter Gruppe. Der arme Kerl hat ja für seine Sünden der Vergangenheit wahrlich gebüßt...und muss vor seiner Lebertransplantation durch sämtlich Folterkeller der Hölle gegangen sein. Nach der Genesung haute er mit Battle Scars dann auch noch so ein grundehrliches und dankbares Album raus. Therapie beendet, schwere Prüfung bestanden, ewiger Respekt Alter...

Die aktuelle Platte We're All In This Together wird vielleicht von diesem Glanze profitieren, wer weiß das schon. Jedenfalls wollte der Gute nun mal wieder eine gitarrenlastigere Richtung einschlagen, lud diverse Freunde ein, um mit ihnen ein "Freudenfest zu feiern". Vorausgesetzt, man mag die Musik von Walter Trout, diesen immer leicht nervös wirkenden Bluesrock, mal emotional, mal fetzig, löst der inzwischen 66-jährige Gitarrist und Sänger sein Versprechen zu 100% ein. 


Kenny Wayne Sheperd, Sonny Landreth, Charlie Musselwhite, Mike Zito, Robben Ford, Warren Haynes, Eric Gales, Edgar Winter, Joe Louis Walker, John Nemeth, Sohn Jon, Randy Bachman, John Mayall und Joe Bonamassa heissen die illustren Gäste, die Trouts Ruf gefolgt sind. Dass diese den Songs auf We're All In This Together eine spezielle Note verleihen würden, hätte man sich grad noch denken können, immerhin hat dies im Jahre 2006 auf dem Album Full Circle und ähnlich illustrer Besetzung, schon sehr gut funktioniert. 

Im Gegensatz zu diesem "ersten Teil" von vor 11 Jahren haben Walter Trout und Produzent Eric Corne ein 14-Song starkes Album geschmiedet, welches zwar mehrere Durchläufe benötigt, dann aber Song für Song erkennen lässt, mit wem da grad musiziert wird. Mit She Listens To The Blackbird Sing enthält die Scheibe eine lupenreine und extrem geile Southern Rock Hymne, der Mike Zito (Royal Southern Brotherhood) seinen charakteristischen Stempel aufdrückt. Sämtlichen Allman Brothers und Lynyrd Skynyrd Fans dürfte an dieser Stelle das Herz aufgehen. Nicht jeder Song ist ein Highlight, doch allein die Anwesenheit der vielen Gäste macht Spaß. Wer spielt welches Instrument, wer singt da grad und wer hat noch gleich in welcher Band gespielt...das macht Laune und beschäftigt einen ein Weilchen. 

Wenn dann noch, wie im Fall von We're All In This Together ein paar Knaller herausspringen, bitte, was will man mehr ? Allein der Titelsong ganz am Ende des Albums, eine fast achtminütige Jamsession mit Joe Bonamassa, entlohnt für's konzentrierte Zuhören auf's allerfeinste. Ein wahres Gitarrenbattle zwischen Walter und Joe, begleitet vom monoton pumpenden Bass...grandios !

Ich möchte nochmals betonen, dass die Platte etwas Zeit braucht aber dann grandios wächst. Walters Sohn Jon Trout spielt in Do You Still See Me At All eine ebenso feine Saite und singt unverkennbar wie sein Daddy, nur etwas heller. Ein weiteres Highlight ist der Beitrag von Warren Haynes, der dem langsamen Blues The Sky Is Crying Stimme und Gitarre verleiht und sich im weiteren Verlauf ebenfalls grandios mit Walter Trout in die Vollen legt. Alles überragend jedoch ist das melancholische und sehr gefühlvolle, hauchzart angejazzte und durch Edgar Winters Gesang, vor allem aber dessen Saxophonkunst angereicherte She Steals My Heart Away. Solchen Tiefgang hätte ich nach Battle Scars gar nicht mehr erwartet, umso besser, die Nummer haut mich weg.   

Also Leute, ran an den musikalischen Speck, probiert es doch mal wieder mit einer Bluesplatte ! Selbst wenn Ihr das Teil nach dem ersten Hördurchgang erstmal zur Seite legt, irgendwann kramt Ihr die Scheibe wieder hervor und spätestens dann lohnt sich die Anschaffung !


Bernd Fischer