Band : Jethro Tull
Album : A Passion Play (An Extended Performance)
Spielzeit CD1 : 45:34 Min.
Spielzeit CD2 : 59:43 Min.
Veröffentlichung : 30.06.2014
Plattenfirma : Chrysalis
Homepage : www.jethrotull.com
Wertung : 8 von 10
Trackliste CD1 "A Passion Play" :
- Lifebeats / Prelude
- The Silver Cord
- Re-Assuring Tune
- Memory Bank
- Best Friends
- Critique Oblique
- Forest Dance #1
- The Story Of The Hare Who Lost His Spectacles
- Forest Dance #2
- The Foot Of Our Stairs
- Overseer Overture
- Flight From Lucifer
- 10:08 To Paddington
- Magus Perdé
- Epilogue
Die gute Nachricht vorweg: Mit der Neuauflage von Jethro Tulls A Passion Play kann Euch mal so rein gar nix passieren, von wegen verstörendem Inhalt oder so. Das 73er Werk hat mit Bravour die "FSK ab 6"- Freigabe erhalten !
Somit können sich auch endlich die Jüngsten unter uns, ohne Schaden zu nehmen, mit dem opulenten, von Steven Wilson remixten, 2CD/2DVD - Set beschäftigen...
Anhängern der Band werde ich wohl nicht viel Neues erzählen, wenn ich bekannte Fakten präsentiere. So sollte der Thick As A Brick Nachfolger aus finanziellen Gründen (die britischen Steuern...) eigentlich im französischen Château d'Hérouville aufgenommen werden, was jedoch in die Hose ging. Technische Probleme, eine Lebensmittelvergiftung und Heimweh einzelner Musiker bewegten Ian Anderson dazu, die Aufnahmen abzubrechen und fortan nur noch vom “Chateau d’Isaster” zu sprechen.
Die Band entschloss sich, 17 Tage vor dem Start der US-Tour (in der die Band das Album in Form eines Theaterstückes, in welchem sie selber mitspielen, aufführen sollte), die Platte in den Londoner Morgan Studios komplett neu einzuspielen. Das hörenswerte Ergebnis ist auf der ersten der beiden CDs enthalten und besteht, inklusive des Spoken-Word Beitrages The Story of the Hare Who Lost His Spectacles ursprünglich aus einem einzigen Song, welcher in vier LP-Seiten aufgeteilt wurde:
- Act 1 – Ronnie Pilgrim’s funeral – a winter’s morning in the cemetery
- Act 2 – The Memory Bank – a small but comfortable theatre with a cinema-screen (the next morning)
- Interlude – The Story of the Hare Who Lost His Spectacles
- Act 3 – The business office of G. Oddie & Son (two days later)
- Act 4 – Magus Perdé’s drawing room at midnight
Welche Drogen da im Spiel waren, entzieht sich meiner Kenntnis, die Hasengeschichte lässt allerdings kaum einen anderen Schluss zu, als dass irgendein Verantwortlicher da in sehr fernen Welten schwebte. Darüberhinaus verliert sich die Band zeitweise in dem Bestreben, die Umsetzung des Konzepts auf die Länge eines Doppelalbums zu erstrecken. Was dem neutralen Hörer den schnellen Zugang zum Album verbaut, erfreut jedoch noch heute die Fans der Band. A Passion Play rangiert immerhin im oberen Bereich in der Gunst der Anhängerschaft. Musiker und Tontechniker Steven Wilson (Porcupine Tree) hat dem Album nun zu neuem Glanz verholfen und auch die Château d'Hérouville-Sessions klanglich aufpoliert.
Trackliste CD2 "The Château d'Hérouville Sessions" :
- The Big Top
- Scenario
- Audition
- Skating Away On The Thin Ice Of The New Day
- Sailor
- No Rehearsal
- Left Right
- Only Solitaire
- Critique Oblique (Part I)
- Critique Oblique (Part II)
- Animelee (1st Dance)
- Animelee (2nd Dance)
- Law Of The Bungle (Part I)
- Tiger Toon
- Law Of The Bungle (Part II)
Auf den Chateau d'Hérouville-Sessions tummeln sich höchst unterschiedliche Songs und Stimmungen, insofern lässt sich durchaus die eine oder andere Parallele zum fertigen Passion Play-Werk ziehen. Schon der Einstieg in die Platte mit dem instrumentalen The Big Top und dem anschliessenden Scenario lädt nicht gerade zum entspannten Hören ein, sondern verlangt vom Hörer, der dann zum Ende des Songs feststellt, dass eben doch nicht viel passiert ist, etwas Geduld. Das eingängige und harmonische Skating Away On The Thin Ice Of The New Day macht das aber wieder gut und dürfte im Laufe der Jahre weit über den JT-Insiderkreis hinaus bekannt geworden sein. Audition, Skating..., Sailor und No Rehearsal bilden dann den anschmiegsamen Songblock der Sessions, um vom von Babygebrabbel eingeleiteten und Andersons in dem Fall ausnahmsweise nervenden Querflöte dominierten Left Right beendet zu werden.
Solitaire ist leider schon das letzte Highlight der zweiten CD, bevor die verschachtelten und sperrigen Critique Oblique Pt. I und II mit ihren minutenlange Improvisationen manchem Hörer erneut eine Portion Verständnis abverlangen. Älteren Prog-Liebhabern hingegen dürfte aber allein bei dem Gedanken, dass hier nicht wenig an Van Der Graaf Generator erinnert, das Wasser buchstäblich im Munde zusammenlaufen...
Law Of The Bungle Pt.1+2 inklusive dem von beiden Songs in die Zange genommenen Tiger und Ansätzen des darin enthaltenen Spoken Word-Beitrag "...The Hare..." beschliessen dann den Passion Play Prototyp und lassen manchen unvorbereiteten Hörer eventuell ewas ratlos zurück.
Alles in allem jedoch sollte dieses Beiwerk mit gebührender Gelassenheit als etwas anderes Jethro Tull-Goodie betrachtet werden. Mit knapp 25,-€ darf man angesichts der Tatsache dass sich noch zwei DVDs mit verschiedenen Audiomixen der CDs, inklusive der visuellen Umsetzung des Häschenschmankerls, im Paket befinden, wirklich von Value for Money sprechen.
Steven Wilson hat ganze Arbeit geleistet und den Aufnahmen zu ihrem wahren Glanz verholfen.
Bernd Fischer