Sonntag, 9. April 2017

Deep Purple - Infinite

Band: Deep Purple
Album: Infinite
Spielzeit: 45:45 min.
Plattenfirma: Edel
Veröffentlichung: 07.04.2017
Homepage: deeppurple.com


Wertung:     8  von 10 Punkten


Tracklist:

01. Time For Bedlam
02. Hip Boots
03. All I've Got Is You
04. One Night In Vegas
05. Get Me Outta Here
06. The Surprising
07. Johnny's Band
08. On Top Of The World
09. Birds Of Prey
10. Roadhouse Blues 



Deep Purple könnten es sich einfach machen. Mit ihren Evergreens aus fast 50 Jahren Bandgeschichte können sie aus dem Vollen schöpfen und müssten sich lange nichts mehr beweisen. Viele ihrer Weggenossen scheuen sich neue Platten zu veröffentlichen weil es sich finanziell nicht mehr wirklich lohnt und nur noch beim Touren Geld verdient wird. Aber beim Musikmachen geht es ja - hoffentlich - nicht nur ums Geldverdienen sondern wer ein echter Musiker ist, hat auch Spass daran, kreativ zu sein und neue Songs zu schreiben. Dazu gehören Deep Purple zum Glück, die trotz des hohen Alters Ihrer Mitglieder (Ian Gillan ist ja schon ziemlich in seinen 70ern) weiterhin neue Scheiben veröffentlichen und das auf weiterhin sehr hohem Niveau.
"Infinite" ist nach dem 2013er Werk "Now What?!" von 2013 ihre zweite Kooperation mit Produzentenlegende Bob Ezrin. Und erneut funktioniert diese Zusammenarbeit ziemlich tadellos. Soundtechnisch bewegt sich "Infinite" auf allerhöchstem Niveau und schreit geradezu danach, auf hochwertigem Equipment abgespielt zu werden.

"Time For Bedlam" ist alles andere als Rentnerrock, im Gegenteil: Einer ihrer besten Opener seit sehr langer Zeit und gleichzeitig das fetzigste Stück auf der CD. Gleich hier wird deutlich, dass das Zusammenspiel der Band tight hoch drei ist und vor allem Don Airey der heimliche Star der Platte ist, lässt er doch die berühmte Schweineorgel ausgiebig von der Leine. Das Zusammenspiel mit Steve Morse an der Klampfe ist mittlerweile wirklich einzigartig und ich bezweifle, dass das Meister Blackmore noch so hinbekäme.
Nicht jeder Song hält das hohe Niveau der Einstiegsnummer und so befinden sich auch ein paar eher durchschnittliche Stücke auf der CD: "Hip Boots" gehört da für mich dazu, ein Song der keine wirkliche Richtung hat und trotz der gelungenen Instrumentation irgendwie anfangs nicht wirklich zünden will, was sich aber einige Hördurchgänge später doch noch einigermaßen einrenkt.

 "All I've Got Is You" ist da dennoch wieder ein anderes Kaliber, der Aufbau zum (leider nur einmal vorgetragenen) Refrain ist ziemlich clever gemacht und auch Ian Gillan gibt sich keine Blöße. Klar, hohe Schreie ala "Child In Time" gibt es erwartungsgemäß nicht mehr, aber seine Leistung ist mehr als solide.

"One Night In Vegas" scheint autobiographisch zu sein und erzählt von Ian Gillans Treffen mit seiner Flamme (so kommt es zumindest rüber). Ein recht sperriger Song, der ebenfalls mit jeder Umdrehung sein weiteres Potential unter Beweis stellt. "Grower" befinden sich einige auf "Infinite".

"Get Me Out Of Here" ist ein sperriger, eher düsterer Stampfer von Song, der auch nicht direkt ins Ohr geht und eher zu den schwächeren Songs gehört.

"The Surprising" ist getreu dem Titel ein Stück, dass viel Abwechslung bietet, angefangen vom balladesken Einstieg bis hin zum orientalischen Einschlag, bei dem die Hammondorgel wieder mit ordentlich Wumms eingesetzt wird. 

Heimlicher "Hit" der Scheibe ist das eingängigste Stück namens "Johnny's Band", das den Aufstieg und Fall einer fiktiven Band nachzeichnet und mit seinem schmuck eingängigem Refrain durchaus Potential für Radioeinsätze im Classic-Rock-Format hat.

"On Top Of The World" wirkt wie eine Jamsession, bei der der Hörer live dabei ist. 
Seltsam an dem Stück ist der sehr langgezogene gesprochene Teil der Lyrics, die auf den ersten Blick dann doch ziemlich wirr sind und sich mir nicht ganz erschließen. Könnte aber auch an dem schrägen Humor der Briten liegen. Der Track endet danach ziemlich abrupt mit einem arg schnellen Fade-Out. Da scheinen wohl etwas die Ideen ausgegangen zu sein. Wirkt aber irgendwie unfertig. 
 
Das letzte neue Stück "Birds Of Prey" ist wieder von epischem Ausmaß. Gillan brilliert und gegen Ende gibt es ein traumhaftes, sich bis ins Unendliche steigernde Solo von Steve Morse. Der wohl beste Song der CD.
Ob es das abschließende Doors-Cover "Roadhouse Blues" gebraucht hätte lasse ich mal unbeantwortet. Mir kommt die Version eine Spur zu brav und ohne Zacken rüber. Hätte man sich lieber sparen können und stattdessen einen Bonustrack der "Time For Bedlam"-Auskopplung auf die CD packen sollen.
Insgesamt ist die Scheibe recht flott vorbei (letztlich nur 9 neue Songs) aber besser als langatmige 60plus-Minüter, die einen dann nicht wirklich auf die Langdistanz überzeugen.

Derzeit bin auf dem Stand, dass mir der Vorgänger etwas besser gefiel, aber ich habe das nicht ungute Gefühl, dass sich das mit weiterem Hören durchaus noch ändern könnte.
Schön auf jeden Fall, dass es die Truppe noch gibt.
Für das originelle Artwork gibt es noch einen halben Punkt extra dazu. Es erinnert mehr als einmal an "In Rock" (vor allem die in Eis geschlagenen Köpfe der Bandmitglieder).
Wer sich die Deluxe-Edition gegönnt hat, der bekommt noch eine 90minütige Dokumentation zur Entstehung von "Infinite" mit dazu. Value for Money auf jeden Fall.

Im Mai gehen Purple übrigens auf große Deutschlandtour. Ob diesmal wirklich zum letzten Mal sei dahingestellt.

Martin





 

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