Donnerstag, 24. März 2016

Joe Bonamassa - Blues Of Desperation




Band : Joe Bonamassa
Album : Blues Of Desperation
Spielzeit : 61.29 Min.
Plattenfirma : Provogue / Mascot Label Group
Veröffentlichung : 25.03.2016
Homepage : www.jbonamassa.com

Wertung : 7 von 10

Trackliste:
  1. This Train
  2. Mountain Climbing
  3. Drive
  4. No Good Place For The Lonely
  5. Blues Of Desperation
  6. The Valley Runs Low
  7. You Left Me Nothin' But The Bill And The Blues
  8. Distant Lonesome Train
  9. How Deep This River Runs
  10. Livin' Easy
  11. What I've Known For A Very Long Time

Und täglich grüßt das Murmeltier. Ein weiteres Jahr zieht ins Land, unser aller Lieblingsgitarrist veröffentlicht mal wieder ein neues Album, die Hallen sind gut gefüllt und die Fans liegen ihm sowieso schon lange zu Füßen. Also alles töfte im Hause Bonamassa samt Anhängerschar...sollte man meinen.

Blues Of Desperation heisst die neue Studioveröffentlichung, Blues der Verzweiflung oder so. Und wenn ich es mal so sagen darf, bin ich schon ein wenig der Verzweiflung nahe bei der Platte und mach's für Euch erstmal kurz und knackig: Die Scheibe ist spannender, intensiver und kurzweiliger als viele seiner letzten Werke aber Haus- und Hofproduzent Kevin Shirley hat's ordentlich vermasselt. 

Vorweg, ich bemühe mich ja stets, die mir zugesandte Musik mit dem gebührenden Respekt in Form diverser intensiver Hördurchgänge zu testen, selbst wenn's dafür mal wieder etwas länger dauert. Zu einer richtig guten Scheibe gehört für mich neben der musikalischen Darbietung auch die Produktion und der Mix. Sicher sind diese Hör-Eindrücke subjektiv, doch mir ist es eben ein Gräuel eine Platte aufzulegen, die sich anhört als hätte man fünf Wolldecken über die Lautsprecher geworfen. Hinzu kommt ein Schlagzeug, welches stellenweise kaum hörbar ist, von Crashbecken oder einer Hi-Hat mal ganz zu schweigen, die hört man teilweise gar nicht. Ich bin weit davon entfernt, ein Soundfetischist zu sein, doch was der hochgelobte Kevin Shirley da abgeliefert hat, geht für mich gar nicht. Um sicherzugehen dass ich mir das alles nicht einbilde, habe ich Kumpel Berti die Promo-CD probehören lassen. Keine Sorge, ich war dabei, es sind keine illegalen Kopien erstellt worden. Seine Meinung zur Platte fällt deutlich krasser aus "Ich bin durch mit Bonamassa...", was sich im Wesentlichen auch auf die Soundqualität bezieht. 

Umso ärgerlicher, weil Bonamassa ansonsten eine wirklich tolle Platte hingelegt hat. Er hat sich verdammt starke Songs schreiben lassen, liefert tolle Riffs ab, rockt was das Zeug hält und spielt herzerweichende Gitarrensoli. Als wolle er beweisen, dass eine Dampflok einen 100m Hürdenlauf schafft, legt er mit This Train einen furiosen Start-Ziel Sprint hin. Das Schlagzeug pumpt die Nummer Stück für Stück nach vorne, Bonamassa singt schön wie immer und spielt eine feine Gitarre, die peu á peu an Härte gewinnt. Das Klavier lockert die Nummer ebenso auf wie der sehr dezent eingesetzte Backgroundgesang. Cool. 
Die Bandbesetzung hat der Meister bewusst auf den Kopf gestellt, frischer Wind sollte her und dieser tut der Musik gut, die Atmosphäre wirkt rauher und kraftvoller als noch auf Different Shades Of Blue.

 
Nach dem Tempo dann die Härte. Mountain Climbing. Monsterriff trifft Monsterbass trifft Monsterschlagzeug, soweit es denn wahrnehmbar ist. Der erwähnte Damenchor im Refrain und vor allem, ich betone es gern erneut, Bonamassa's tolles Gitarrenspiel und Gesang machen aus dem ansonsten schlichten Midtempo-Rocker eine hörenswerte Angelegenheit. Das kann er, das hat er drauf, dafür lieben ihn die Massen letztlich zurecht. Man ist ja geneigt, immer wieder zu erzählen, wie toll der Joe das alles kann. Die musikalische Geilheit des Briten ist erschreckend, er hat sich Songwriter gesucht, die es drauf haben, er hat sich Musiker gesucht, die das alles umsetzen, er selber ist ein Paradebeispiel für handwerkliches Können...was er vergessen hat: Sich einen gescheiten Mann an den Reglern zu suchen.

Denn schon mit der dritten Nummer, Drive, vergeht mir die Lust ein wenig. Ich möchte mich nicht wiederholen, stelle aber leider ständig fest daß mir die Aufnahmequalität von Blues Of Desperation gar nicht gefällt. Damit aber denn auch jetzt genug zu dem Thema, denn schon legt er mit dem coolen No Good Place For The Lonely die Messlatte ein Stück höher, baut dezente Streicher plus Wahnsinnssolo ein und haut einfach mal eben einen künftigen Klassiker raus. Er hat eben die Songs im Gepäck, die seine Anhänger glücklich machen. Sein Mix aus Rock, Blues und Melancholie ist derzeit einzigartig in der Musikszene, ob die Anhänger des "echten" Blues das nun hören wollen oder nicht. Dazu kommt natürlich die ebenso clevere wie offensive Werbestrategie, die seinen Bekanntheitsgrad in den letzten Jahren zur echten Marke gepusht hat. Ist vielleicht verpönt aber nicht verboten.

Blues Of Desperation, der Titelsong, könnte aus der Feder von Page/Plant stammen und  spielt fast unverschämt mit Zitaten derer Musik. Ich mag's trotzdem, ausserdem ist er nicht der Erste der das macht. Aber Bonamassa wäre nicht er selbst, hätte er nicht auch immer einige Momente der Entspannung auf seinen Veröffentlichungen. Auch diesmal ist das so, The Valley Runs Low, ein nahezu zärtliches Stück, eingängig wie sonstwas und mit tollen "ich bleib direkt im Ohr hängen"-Momenten, rundet das Füllhorn der tollen Songs perfekt ab.

Mit dem folgenden How Deep This River Runs gibt es im hinteren Drittel den vermeintlichen Höhepunkt der Platte. In sechseinhalb Minuten baut sich ein furioses Spektakel zwischen Schlagzeug und Gitarre auf, natürlich dominiert von einem der vielen Gitarrensoli des Joe Bonamassa, wie auch sonst. Bonamassa zaubert, rockt, groovt und soliert sich durch das einstündige Album und jeder weiss, dass auch diese Platte wieder ein Erfolg wird. 

Ich leide letztlich leise vor mich hin, wundere mich, dass in ersten Rezensionen keine Rede vom dumpfen Sound ist und hoffe daß es irgendwann mal einen besseren Produzenten im Hause Bonamassa gibt. Ich setze auf die Zukunft und hoffe daß dieses tolle Album eines Tages eine zweite Chance in Form eines vernünftigen Remasterings oder Remixes erhält. 


Bernd 

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