Montag, 19. Dezember 2016

Garth Brooks - Gunslinger


Künstler: Garth Brooks
Album: Gunslinger
Spielzeit: 35:04 min.
Plattenfirma: Sony Music
Veröffentlichung: 25.11.2016
Homepage: www.garthbrooks.com

WERTUNG: 7 von 10


Tracklist:

01. Honky-Tonk Somewhere
02. Weekend
03. Ask Me How I Know
04. Baby, Lets Lay Down And Dance
05. He Really Loves You
06. Pure Adrenaline
07. Whiskey To Wine
08. Bang! Bang!
09. Cowboys And Friends
10. 8Teen

Kurz vor Weihnachten kam ich auf die etwas abwegige Idee unbedingt mal etwas Country Musik im klassischen Stil rezensieren zu wollen. Und dafür habe ich mir den gestandenen GARTH BROOKS auserkoren, der seine große Zeit in den 90er Jahren hatte (mit Hits wie "The Dance" oder "Ain’t Going Down ('Til the Sun Comes Up)") und seit 1995 auch seinen Stern auf dem Hollywood Walk Of Fame inne hat. Seine unzähligen sonstigen Auszeichnungen möchte ich euch gar nicht alle aufzählen (unter anderem Grammy Awards, Billboard Music Awards etc.), könnt ihr bei Gelegenheit ja mal googeln. 


Nach einer längeren Pause kam 2014 sein Comeback Album "Man Against Machine" heraus, bei dem er wieder einige County-untypische Ausflüge unternahm. Davon ist beim neuen Werk "Gunslinger" nicht mehr viel zu hören. Schon der Opener "Honky-Tonk Somewhere" ist ein knapp 2 1/2 minütiger Gute-Laune Country Song mit den typischen Zutaten. Im Grunde wirklich ganz nett, mit fehlt etwas die songwriterische Tiefe, die GARTH in der Vergangenheit doch oft ausgezeichnet hatte. Das folgende "Weekend" haut genau in die gleiche Kerbe, läuft bei mir aber leider etwas vorbei. Zu flach, zu glattgebügelt, auch von der Produktion her. Dies trifft leider auf das gesamte Album zu, mir persönlich fehlen die Ecken und Kanten, passend dazu die teilweise stark per Photoshop und Weichzeichner Effekt bearbeiteten Fotos im Booklet. Richtig interessant ist für mich dann das folgende sehr ruhige "Ask Me How In Know", das seine hohen Qualitäten als Songwriter viel besser widerspiegelt als die beiden vorangegangenen Tracks. Das bereits als Single ausgekoppelte "Baby, Let's Lay Down And Dance" geht dann stärker in die poppige Richtung und dürfte stark auf Radio-Airplay abzielen. Nicht schlecht trotzdem das Stück. Und das kann man für das komplette restliche Album so sehen. Ja, die 10 Lieder sind irgendwie meistens recht gut, mir fehlt aber einfach das gewisse Etwas, das seine Lieder und auch seine recht provokanten Texte in der Vergangenheit ausgezeichnet haben. Ich denke da nur mal an "The Thunder Rolls" inklusive dem "skandalösen" Musik Video dazu.

Auf "Gunslinger" bewegt sich GARTH BROOKS nur in seiner eigenen relativ eng gesetzten Komfortzone und mir fehlen die Einflüsse aus anderen Musikrichtungen, die Experimentierfreude. So bleibt "Gunslinger" ein typisches Nashville-Album, das keine großen Abdrücke in der Musikwelt hinterlassen wird. Gerade wenn sich dann noch ein selten einfältiges Lied wie "Bang! Bang!" darauf verirrt, welches auf Grund seiner Plattheit wirklich im Demo-Schrank hätte bleiben können. 

Als Fazit kann man GARTH die Erfahrung und das Können als Musiker an sich natürlich nicht absprechen, von einem solchen Musiker hätte ich aber ehrlich mehr erwartet und so bleibt "Gunslinger" bei sehr knappen 7 Punkten hängen.

Markus

Sonntag, 18. Dezember 2016

Alvin Lee & Ten Years Later - Rocket Fuel



Band : Alvin Lee & Ten Years Later
Album : Rocket Fuel
Spielzeit : 36:36 Min.
Veröffentlichung : 18.11.2016 (1978)
Plattenfirma : Repertoire Records
Homepage : www.alvinlee.com

Wertung : 8 von 10

Trackliste :

  1. Rocket Fuel
  2. Gonna Turn You On
  3. Friday The 13th
  4. Somebody Callin' Me
  1. Ain't Nothin' Shakin'
  2. Alvin's Blue Thing
  3. Baby Don't You Cry
  4. The Devil's Screaming

Mit dem dritten Teil der Repertoire-Remasters des Alvin Lee-Backkatalogs durften die Anhänger des begnadeten Gitarristen aufatmen. Die Alben Pump Iron ! und insbesondere Let It Rock hatten ja, wie Ihr lesen konntet, selbst härtesten Fans einiges abverlangt und für ratlose Gesichter gesorgt. Mit dem 1978 erschienenen Album Rocket Fuel begab sich Mr.Lee zur Freude aller endlich auf Wiedergutmachungskurs. Die Idee, seinem Projekt den Namen Ten Years Later zu geben, stieß allerdings eher auf irritierte Reaktionen als auf Begeisterung...

Direkt mit den ersten Tönen lässt der Gute einen Düsenjet vorbeifliegen und wir hören mit Rocket Fuel endlich wieder Klänge von Captain Speedfinger, die an die guten alten Ten Years After Zeitern erinnern. So darf es natürlich weitergehen und siehe da, Gonna Turn You On ist ein harter Blues, der im weiteren Verlauf zu einer astreinen Hardrocknummer mit knackiger Doublebass mutiert. Und das im Jahr 1978, als diese im harten Rock noch gar nicht auf breiter Basis etabliert war. Gelegentlich erinnert mich Alvin Lee mit dem Song an Rory Gallagher, was ja sicher nicht der schlechteste Vergleich wäre. 
Unüberhörbar ist die trotzig-trockene Stimmung, die Rocket Fuel von Anfang an verbreitet. Die schlechten Kritiken der Vorgänger werden sicher ihren Teil dazu beigetragen haben...

Das schleppende Friday The 13th schält sich mit gedrosselter Drehzahl aus den Boxen, glänzt aber mit dem harten, an John Bonham erinnernden Schlagzeug. Tom Compton liefert sich an den Drums einen wunderbaren Kleinkrieg mit Bass und Gitarre. Mein Highlight ist allerdings Somebody Callin' Me, dessen trippiges Jazz-Rock-Fundament und die Gitarre von Alvin Lee ein intensives Zuhören unumgänglich machen. Hinzu kommt das hörenswerte Orgelspiel gleich zweier Organisten, Bernie Clarke und Mick Weaver, die nicht nur diese Nummer garnieren. Überhaupt kann Alvin Lee sich rühmen, bei der Auswahl seiner Leute fast immer ein glückliches Händchen gehabt zu haben...man höre sich allein die Basslines von Mick Hawksworth und das knackige Schlagzeugspiel an. 

Sämtlichen Songs liegt solide Arbeit zugrunde, sowohl was das Songwriting betrifft, als auch deren Umsetzung. Alvin Lee stand der Sinn während der Arbeiten an Rocket Fuel wohl nicht nach Balladen oder anderen emotionalen Regungen, es sollte Handwerk abgeliefert werden. So finden sich auch im weiteren Verlauf der Platte keine Überraschungen, sieht man von dem superkurzen aber wunderschönen Akustikintermezzo namens Alvin's Blue Thing und der fast zehnminütigen Schlußnummer The Devil's Screaming einmal ab. Der Schlussong erinnert mit seinem dahinfliessenden Charakter zunächst sehr an Robin Trower's '74er Hit Bridge Of Sighs, wird zwischendurch aber seinem Namen gerecht und entführt den Hörer in ein psychedelisches Stimmen- und Percussionswirrwar. Die Nummer klingt dann allerdings so aus, wie sie begann und vollendet ein würdiges Album, welches die Anhänger Alvin Lees durchaus besänftigt haben dürfte.


Bernd Fischer

Sonntag, 11. Dezember 2016

Alvin Lee - Let It Rock


Interpret : Alvin Lee
Album : Let It Rock
Spielzeit : 42:33 Min.
Veröffentlichung : 18.11.2016 (1977)
Plattenfirma : Repertoire Records
Homepage : www.alvinlee.com

Wertung . 6 von 10

Trackliste:
  1. Chemicals, Chemistry, Mystery And More
  2. Love The Way You Rock Me
  3. Ain't Nobody
  4. Images Shifting
  5. Little Boy
  1. Downhill Lady Racer
  2. World Is Spinning Faster
  3. Through With Your Lovin'
  4. Time To Meditate
  5. Let It Rock

"Bei Ten Years After wurde sehr viel improvisiert und nach 8 Jahren hatten wir alle Möglichkeiten erschöpft. Wir hatten so viel improvisiert dass wir schon anfingen uns zu wiederholen. Wir fanden keinen Ausweg mehr, wir hatten uns festgefahren. Wir mussten aufhören". So Alvin Lee im Januar 1977 im Fachblatt Musikmagazin.

Es muss Herrn Lee stets wie ein Déjà-Vu vorgekommen sein, wieder und wieder auf die Gründe der Auflösung seiner ehemaligen Band Ten Years After angesprochen zu werden. Der Wunsch nach musikalischer Veränderung war allerdings stark genug, sich diesem auch nach dem aus Sicht der alten Fans "schwierigen" Vorgänger Pump Iron ! hinzugeben. Das Nachfolgealbum hörte zwar auf den erwartungsvollen Namen Let It Rock und versprach allzu offensichtlich die Rückkehr zu alten Tugenden...brachte sie aber nicht. 

Viel schlimmer noch, Let It Rock war in den Augen derer, die Alvin Lee für endlose Soli und Improvisationen geliebt hatten, ein saft- und kraftloser Fehlgriff. Dementsprechend gingen die Kritiken 1977 voll durch die Kellerdecke. Letztlich ist Let It Rock ein unspektakuläres und langatmiges, aber immerhin sehr solides und nachhaltiges Album geworden. Lee hatte sich mit John Sussewell einen hochtalentierten Jazz-Drummer ins Boot geholt, der die Platte mit seinem präzisen und mehrdimensionalen Stil spürbar veredelte. Allein, es fehlte an Energie. Chemicals, Chemistry, Mystery And More besticht mit einem lässigen Flow und der tollen handwerklichen Leistung sämtlicher Musiker, hat aber kaum Drive. Den entspannten Gesang Alvin Lees empfinde ich sonst als sehr angenehm, hier dauert es nicht lange und man fragt sich, ob nicht sogar die Backgroundsängerinnen Schlaftabletten intus hatten. Ansonsten dürfen wir uns über Songs wie Love The Way You Rock Me mit lässigem Südstaaten-Feeling freuen. Oder Ain't Nobody, der hat anfänglich kaum mehr Energie, aber plötzlich wird klar, warum ein Alvin Lee keine wirklich schlechten Songs abliefern konnte: Dank seines untrüglichen Gespürs für Melodien und Songstrukturen holte er selbst aus solch schläfrigen Nummern noch das Beste heraus, und so steigert sich Ain't Nobody hintenraus um ein Vielfaches, als noch ganz kurz die Handbremse gelockert wird...nur ganz kurz, aber immerhin. 

Images Shifting wäre dann, ebenfalls gaaaaanz relaxt und kaum spektakulär, aber mit einer wunderschönen Hookline und der superfeinen Gitarrenarbeit des Meisters auch meine Empfehlung. Wer also mal reinhören möchte...bitte sehr ! Ein wenig Americana lastiger geht es dann mit Little Boy zu, Alvin Lee bläst eine sehr schöne Harp und zieht tatsächlich mal das Tempo ein wenig an, letztlich ist es jedoch nur noch der Titelsong des Albums, der mich begeistern kann. Mit Let It Rock frönt Alvin Lee seiner Passion, dem Rock'n'Roll, und das nicht schlecht. Die treibende Nummer vibriert und swingt und wirft den Hörer ein wenig fassungslos zurück, man könnte sich fast fragen, ob Alvin Lee da jemanden veräppeln wollte.

Trotz hoher handwerklicher Qualität ist Let It Rock eine größtenteils langweilige Angelegenheit geworden und taugt für mich persönlich eher zum Einschlafen denn zum intensiven Zuhören. Schade genug, aber da kann ich auch Eric Clapton auflegen....


Bernd Fischer

Donnerstag, 8. Dezember 2016

The David Neil Cline Band - Flying In A Cloud of Controversy "Legacy Edition"

Band: The David Neil Cline Band
Album: Flying In A Cloud of Controversy - A Legacy Edition
Spielzeit: 75:47 min.
Plattenfirma: Rock It Up Records
Veröffentlichung: 09.12.2016
Homepage: https://www.facebook.com/RememberingDavidNeilCline/

Wertung: 5 von 10


Tracklist:

01. Going Postal
02. Conspiracy
03. False Judgement
04. Road Rage
05. Tamale Fever
06. Aggravated
07. Fuck The Jones's
08. Alien Fetus
09. Planet Damnation
10. DJ's Song
11. The Band Wagon
12. Dodging The Stork
13. Virus
14. Slap Happy
15. Mental Baggage (Bonus)
16. Toothbrush (Bonus)
17. Take It Or Leave It (Legacy Track)
18. Crazy Dream (Legacy Track)
19. U (Legacy Track)



Kurz vor Weihnachten habe ich mich mal komplett dem Underground gewidmet und mich dem Vermächtnis eines US-amerikanischen Gitarristen angenommen, der wahrscheinlich den wenigsten von euch bekannt ist. DAVID NEIL CLINE ist bereits seit den 80er Jahren in den Staaten als Gitarrist verschiedenster Bands tätig gewesen (PREDATOR, TRAMA). 2007 dürfte er auch ein wenig in Deutschland bekannt geworden zu sein, da Rock It Up Records eine Greatest Hits Compilation seiner bisherigen 3 Soloalben mit dem Namen "A Piece Of History: The Best Of" veröffentlicht hat. Schließlich waren die drei Alben zuvor nur über sein eigenes kleines Label in den Staaten erschienen und teilweise mit utopischen Preisen im Netz gehandelt worden.


Das mir nun vorliegende Album "Flying In A Cloud of Controversy - A Legacy Edition" ist eigentlich sein 2011 veröffentlichtes viertes Soloalbum, das leider zu seinem Vermächtnis wird, da er im Juni 2015 Selbstmord begangen hat. Zum "normalen" Album kommen gegen Ende also neben 2 unveröffentlichten Bonustracks ("Mental Baggage" und "Toothbrush") noch drei weitere Tracks aus dem Backkatalog. Damit sind es gesamt 19 Stücke mit einer Spielzeit von über 75 Minuten. Value For Money also. Während die Presseinfo Vergleiche zu TRIUMPH, Y&T und den SCORPIONS zieht, kann ich am ehesten den ersten beiden Bands zustimmen, denn THE DAVID NEIL CLINE BAND klingt zu jeder Sekunde amerikanisch, mit einer Mischung aus Metal & Hardrock. 

Allerdings muss ich sagen, dass die Soundqualität teilweise doch arg Heimstudio-Niveau hat, weshalb gerade die fetten Riffs nicht so drückend aus den Boxen kommen, wie sie sollten. Das beginnende "Going Postal" klingt in meinen Ohren wirklich etwas nach TRIUMPH, hat aber irgendwie bereits das Problem nicht wirklich auf den Punkt zu kommen. Glücklicherweise bietet DAVID uns keine minutenlangen Soloausflüge an, kompositorisch ist aber viel Luft nach oben. Mit einem 90er Hauch und etwas MORDRED versehen, folgt "Conspiracy", das mit unter 3 Minuten Spielzeit zwar auf den Punkt kommt, aber unter einem schwachen Refrain leidet. Und so geht es leider immer weiter. Immer wieder kommen gute Ansätze ("False Judgement" oder das teilweise interessante Instrumentalstück "Dodging The Stork"), die es aber nie über einen kompletten Song schaffen. 

Unabhängig von der traurigen Geschichte also, die hinter dieser Veröffentlichung steht, bin ich rein musikalisch etwas enttäuscht. Noch dazu, da auch noch Totalausfälle wie das völlig bescheuerte "Slap Happy" zu beklagen sind. Trotz Underground Bonus und wenn man über die schwache Produktion hinweg sehen kann, bleibt die Scheibe im unteren Mittelmaß hängen und so kann ich zumindest mit Value For Money knappe 5 Punkte geben. Mehr ist hier aber echt nicht drin. 

Markus



Donnerstag, 1. Dezember 2016

Alvin Lee - Pump Iron !


Interpret : Alvin Lee
Album : Pump Iron !
Spielzeit : 39:42 Min.
Veröffentlichung : 18.11.2016 (1975)
Plattenfirma : Repertoire Records
Homepage : www.alvinlee.com

Wertung : 7 von 10

Trackliste :
  1. One More Chance
  2. Try To Be Righteous
  3. You Told Me
  4. Have Mercy
  5. Julian Rice
  1. Time And Space
  2. Burnt Fungus
  3. The Darkest Night
  4. It's Allright Now
  5. Truckin' Down The Other Way
  6. Let The Sea Burn Down

1975 war man ja in meiner Famile entweder Pink Floyd, Schlager oder Disco-Fan oder man stritt sich um die Chance, Mittwoch Abends Mal Sondock's Hitparade mitschneiden zu dürfen. Durfte man aber nur, WENN Vaters Stereoanlage nicht gerade von selbigem mit klassischer Musik frequentiert wurde. So kam man mit ganz viel Glück in den Genuss guter Mucke, wie dem sich ankündigenden Punk und natürlich Glam Rock. OK, ich war sieben Jahre alt, fand daß Smokie die Welt regierten und bekam durch meine Schwestern langsam mit, dass es da noch mehr gab als den Bubblegum-Rock der Jungs aus Bradford. Blues oder Bluesrock stand den drei Damen natürlich nicht im Sinn und und so hätte ein gewisser Alvin Lee wohl tun können was er wollte, Notiz hätten wir von ihm garantiert nicht genommen. Weshalb es mich nun umso mehr erfreut, dass sich das Hamburger 
Repertoire-Label, seit jeher spezialisiert auf die Wiederentdeckung guter Musik aus vergangenen Zeiten, nun des Werks von Alvin Lee annimmt. 

Die drei mir vorliegenden Alben stammen aus der Frühphase der Solokarriere des Sängers und Gitarristen, der im Jahr 2013 im Alter von 68 Jahren starb. Alvin Lee hatte Ten Years After mitgegründet, und feierte als einst "schnellster Gitarrist der Welt" beträchtliche Erfolge mit den Blues- und Hardrockpionieren, die er 1974 verließ um sich und seine musikalischen Vorstellungen zu verwirklichen. Von einem kurzen Intermezzo im Jahr 1983 abgesehen, begann er erst ab 1988 wieder, ernsthaft mit den ehemaligen TYA-Mitgliedern zu arbeiten.


Nach etlichen Jahren des Tourens mit TYA befand sich Alvin Lee 1973 in der Stimmung, mit neuen Musikern ungewohntes Material auszuprobieren. So entstand in Lee's Heimstudio zunächst On The Road To Freedom, ein sehr ruhiges Americana-Album, welches er mit dem US-Gospelsänger Mylon LeFevre aufnahm. Die Platte fiel aufgrund ihres countryesken und eher soften Charakters bei den alten Fans gnadenlos durch, erntete später aber tolle Kritiken. Nebst In Flight, einem Live-Album, das er 1974 als Alvin Lee & Co. veröffentlichte, darf Pump Iron ! somit wohl als das erste Solo-Album bezeichnet werden. Mit dem kraftvollen Titel stellte der Gitarrist auch klar, dass der eingeschlagene, deutlich softere Weg keine Einbahnstraße wäre, sondern lediglich eine Phase. In der vorliegenden Original-LP-Version finden sich 11 Titel, spätere Auflagen sollten noch zwei Bonus-Songs hinzubekommen. Doch auch Pump Iron ! sollte zunächst in der kritischen Anhängerschaft, die ihm den Split mit Ten Years After so schnell nicht verzeihen mochten, durchfallen.

Und das, obwohl sich gute Songs auf der Platte finden. Problem war die Abkehr vom stark Bluesrock beeinflussten, leicht psychedelischen TYA-Sound, zwar längst nicht mehr so radikal wie auf dem '73er Album, aber noch deutlich hörbar. Der Opener lässt denn auch sofort erahnen dass der Zeitgeist seine Spuren hinterlassen hatte, mit dem stoischen Drum-Beat und Einsatz eines funkigen Fusion-Keyboards geriert sich One More Chance als eine Mischung aus Disco- und Rockmusik und manch einer mag seinerzeit mit dem Kopf geschüttelt haben. 




Aus heutiger Sicht halb so wild, weil als musikalisches Zeitdokument ganz spannend anzuhören, aber mehr auch nicht. Der erste Eindruck täuscht allerdings, auf der Platte ist etwas mehr als der Versuch, einen Hit zu landen, vorzufinden. Mit Try To Be Righteous und The Darkest Night finden sich zwei sehr emotionale und hörenswerte Nummern, Julian Rice oder Truckin' Down The Other Way machen halt beim GlamRock. Der Gitarrist Alvin Lee geht phasenweise ein wenig zurückhaltender als gewohnt zur Sache, garniert Songs wie das fliessende Time And Space aber mit einer wunderschönen Akustikgitarre. Weitaus blues-rockiger geht es auf Burnt Fungus zu, die Orgel von Ronnie Leahy und Alvin an der elektrischen Gitarre verzaubern die live aufgenommene Nummer zu einem Hörerlebnis.

Pump Iron ! rangiert noch heute im unteren Drittel der Lee-Diskographie. Das liegt ganz sicher eher am starken Schnitt seiner Veröffentlichungen als an den wenigen gewöhnungsbedürftigen Momenten. Wer die Platte also in die Finger bekommen sollte, begeht keinen Fehler beim Kauf. Die remasterte Neuauflage ist sauber verarbeitet und liefert einen guten Klang, da gibt es nix zu meckern. Ich hätte mir ein gepolstertes Innersleeve gewünscht aber was soll's, hab ja genug zu Hause...

Bernd Fischer