Sonntag, 27. November 2016

Herman Frank - The Devil Rides Out

Band: Herman Frank
Album: The Devil Rides Out
Spielzeit: 51:52 min.
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 18.11.2016
Homepage: www.hermanfrank.com

WERTUNG: 9 von 10


Tracklist:
01. Running Back
02. Shout
03. Can’t Take It
04. No Tears In Heaven
05. Ballhog Zone
06. Run Boy Run
07. Thunder Of Madness
08. License To Kill
09. Stone Cold
10. Dead Or Alive
11. Run For Cover
12. I Want It All

Wem von euch muss ich HERMAN FRANK noch groß vorstellen? Wahrscheinlich den wenigsten. Doch für all jene, die noch nichts von ihm gehört haben, erstmal ein kleiner Überblick: Herman begann von 1982-1984 seine ersten Lorbeeren als Gitarrist von ACCEPT einzuheimsen, ehe er von 1986 bis zur ersten Bandauflösung 1994 große Erfolge mit VICTORY feierte. Dort war er dann auch weiterhin von der Reunion 2002 mit einer kleineren Unterbrechung bis heute tätig. Neben seiner eigenen Band MOON' DOC, die eher mäßig erfolgreich war, und seinem Wiedereinstieg bei ACCEPT zwischen 2004 und 2014, erschienen immer wieder Soloalben des Gitarristen. Zuletzt 2012 mit dem Titel "Right In The Guts", bei dem auch bereits Ex-AT VANCE Sänger Rick Altzi hinterm Mikro stand. Dazu stehen im aktuellen Output "The Devil Rides Out" noch Ex-RAGE Drummer Andre Hilgers und Ex-JADED HEART Bassist Michael Müller an HERMANS Seite. Ein illustres Line-Up also, welches mit sehr viel Erfahrung aufwarten kann. 


Wer nun meint, dass sich hier nur ein paar alte Herren zusammen getan haben, wird sofort mit den ersten Takten des Openers "Running Back" eines besseren belehrt. Das Gaspedal bis auf Anschlag durchgedrückt wird traditioneller Metal voller Spielfreude und Energie geboten, dass sich viele Jungspunde gerne eine Scheibe davon abschneiden könnten. Rick Altzis rauer Gesang klingt wie zu seinen besten Zeit, nein falsch. Ich muss mich korrigieren. Ich habe ihn noch nie so gut wie auf "The Devil Rides Out" erlebt. Und das Kompliment kann ich getrost für das komplette Dutzend an Songs aussprechen. Und Mr. FRANK haut ein starkes Riff nach dem anderen raus. "Shout" steht anschließend dem Opener in nichts nach. Ein Stück wie "Can't Take It" hätten auch ACCEPT zu Hochzeiten kaum besser hin bekommen. Was für ein Hammer-Refrain, gepaart mit genialen Riffs und einem Drumsound, der mich an die Wand bläst. Jedenfalls wenn ich die HiFi Anlage mal richtig aufdrehe. Mit "No Tears In Heaven" und dem absoluten Highlight "Ballhog Zone" folgen die beiden Höhepunkte des Albums. Oder zumindest die beiden Songs, die sich am schnellsten in meinen Gehörgängen fest gesetzt haben. Denn durch die durchweg geilen und einigen wenigen "nur" guten Songs ("Run Boy Run" und "Run For Cover") werden meine Nackenmuskeln über die gesamte Spielzeit arg beansprucht. 

Schade, dass ich noch nirgends irgendwelche Tourdaten für die Jungs entdecken konnte, dort wäre ich defintiv dabei und ihr könntet mich mit meinen kurzen Haaren headbangen sehen (nur wer will sich das freiwillig antun?). Also, um es auf den Punkt zu bringen: HERMAN FRANKs drittes Soloalbum "The Devil Rides Out" zählt für mich zu meinen Top 5 Alben des Jahres 2016 und gehört in jeden anständigen Metal Haushalt. Um euch die Kaufentscheidung noch zu vereinfachen, habe ich euch unten noch eine kleine Hörprobe angefügt.    

Markus


 

Mittwoch, 16. November 2016

Freedom Call - Master Of Light

 

Band: Freedom Call
Album: Master Of Light
Spielzeit: 49:58 min.
Plattenfirma: SPV
Veröffentlichung: 11.11.2016
Homepage: www.freedom-call.net

WERTUNG: 9 von 10


Tracklist:
1. Metal Is For Everyone
2. Hammer Of The Gods
3. A World Beyond
4. Masters Of Light
5. Kings Rise And Fall
6. Cradle Of Angels
7. Emerald Skies
8. Hail The Legend
9. Ghost Ballet
10. Rock The Nation
11. Riders In The Sky
12. High Up

Nachdem es mich alten Oberbayern nun nach Nürnberg verschlagen hat, komme ich nicht mehr umhin auch das neue Album der fränkischen Metaller von FREEDOM CALL zu besprechen. Und was soll ich sagen? Franken können nicht nur Schäuferle oder gutes Bier, nein auch beim Happy Metal im Stile alter HELLOWEEN Scheiben oder einer Mischung aus MANOWAR, RUNNING WILD und STRATOVARIUS hat das Frankenland mit FREEDOM CALL die Nase ganz weit vorne. Klar ist "Master Of Light" rein gar nichts für ernste Black Metal Freaks, MANOWAR-Fanatiker oder progressive Doom-Jünger, denn hier regiert die Fröhlichkeit, man hat sogar einen leichten J.B.O. Touch, nur eben bei weitem nicht so rosa-rot.  


Doch kommen wir endlich mal zu den Songs auf dem mittlerweile neunten Studioalbum (wenn ich mich nicht verzählt habe). Mit dem epischen stark an MANOWAR angelehnten "Metal Is For Everyone", dessen Video ich euch unten im Anschluss angefügt habe, gelingt sofort ein bärenstarker Einstieg. Live dürfte dieser Song zu einer absoluten Granate werden, mächtige Chöre (die dieses Mal noch fetter als in der Vergangenheit alles niederwalzen), wummernde Double-Bass und eine Spielfreude und Dynamik, die seinesgleichen sucht. Das nun folgende "Hammer Of Gods" könnte auch in den besten Momenten von STRATOVARIUS entstanden sein und gehört für mich zu den besten Speed-Melodic-Metal Stücken der letzten Jahre. Wenn HELLOWEEN heutzutage solch einen Song komponieren könnten, würde ich wieder im Staub kriechen. So verbeuge ich mich ganz tief vor Chris Bay und Kollegen. Einfach nur geil! Und von wegen gleich mal die Munition verschossen, nein mit "A World Beyond" folgt der nächste Kracher. Diesmal in Form einer Hymne, die sich den Weg in die Gehörgänge fräst und anschließend dort Wurzeln schlägt.

Und so geht es munter fröhlich und heiter weiter. Der Titeltrack benötigt ein paar Durchläufe mehr, macht aber auch alles richtig. Selbstverständlich darf die obligatorische Ballade nicht fehlen und diese macht mit dem Titel "Cradle Of Angels" AVANTASIA mehr als nur ernsthafte Konkurrenz. Neben all den gewohnten Klängen scheuen sich FREEDOM CALL auf "Master Of Light" nicht, auch unbekanntere Gefilde zu erkunden. So geschehen bei dem mit modernen Keyboard-Sounds unterlegten und trotzdem poppig anmutenden "Ghost Ballet". "Rock The Nation" ist dann wieder überschäumend voller augenzwinkernder Klischees. Zum krönenden Abschluß wird mit "Riders In The Sky" HELLOWEEN gehuldigt und "High Up" definiert den Schlager-Metal komplett neu. Das ist sicher der größte Happy-Metal-Sommer-Gute-Laune-Party Song, den ich je gehört habe, der zwar die Grenzen zu Kindermelodien oft überschreitet und doch bin ich wieder hellauf begeistert. Was gibt es also eigentlich noch zu sagen, außer dass sich FREEDOM CALL diesmal selbst übertroffen und Ihren eingeschlagenen Weg unbeirrt fortsetzen.

"Master Of Light" zählt für mich zu den stärksten Veröffentlichungen dieses Jahres und gehört unter jeden gut sortierten Weihnachtsbaum. Ich freue mich schon auf die kommende Tour, denn live werden die Franken wie immer keine Gefangenen machen. Einzig das Coverartwork ist doch arg Geschmackssache.
 

Markus

 

Sonntag, 13. November 2016

King Of The World - Cincinnati


Band : King Of The World
Album : Cincinnati
Spielzeit : 58:25 Min.
Veröffentlichung : 07.10.2016
Plattenfirma : KOTW Records / Bertus
Homepage : www.kingoftheworld.eu

Wertung : 7 von 10

Trackliste :
  1. Voodoo
  2. Same Old Trouble
  3. Murder In The First Degree
  4. Hurt So Bad (Duet With Cheryl Renee)
  5. World On Fire
  6. Feel That Flame
  7. The Waiting Game
  8. Heart And Soul
  9. Howling Dog
  10. Better Luck Next Time
  11. Life In The Fast Lane
  12. She's Alright
  13. No Way Out
Reichlich spät kommt die vierte CD der Holländer King Of The World in mein Haus geschneit. Wie Ihr seht, ist die Scheibe seit Anfang Oktober erhältlich, aber wir sind ja flexibel und schreiben einfach mal ein bisschen schneller ;-). Cincinnati heißt das knapp einstündige Werk der Band um Erwin JavaJava ist die Triebfeder der Band und kann auf 40 Jahre Erfahrung zurückblicken, unter anderem spielte der Gitarrist in den frühen 80er Jahren in der Band des niederländischen Bluesrockers Hermann Brood.

Relaxter Rhythm & Blues mit einem Schuss Soul ist das Erfolgsgeheimnis der derzeit erforgreichsten holländischen Blueser. Ausgezeichnet mit fünf Blues-Awards und einer starken Produktion des Bamboo Room Studio in Cincinnati, Ohio im Rücken, hofft man nun auf einen steigenden Bekanntheitsgrad auch außerhalb der Niederlande. Schwierig genug wird es werden, denn die Szene ist gespickt mit Interpreten und Bands, die einiges drauf haben und tolle Alben veröffentlichen.

Cincinnati ist eine etwas zwiespältige Angelegenheit geworden. Auf der Habenseite ganz klar die handwerklichen Fähigkeiten aller Beteiligten, und eine Reihe feiner Songs wie der Opener Voodoo, eine treibende Bluesrock-Nummer mit einem starken Riff, unterstützt durch eine Bläsersektion und vor allem von einer feinen Hammondorgel. Launefaktor ganz weit oben ! In diese Kette reihen sich einige weitere Songs ein, ganz vorne Murder In The First Degree und Better Luck Next Time. Die kräftige und vor allem schnelle Nummer macht richtig Laune, da macht es denn auch nix mehr dass Ruud Weber sein tolles Organ oft ein wenig zurückhaltend einsetzt. Richtig fett wird es mit Life In The Fastlane, das harte Gitarrenriff und die polternden Drums von Fokke de Jong treiben den sechsminütigen Song sehr heavy nach vorne. Die Hammond legt sich angenehm daneben und fährt mit in der Spur, aber auch hier kann der Gesang nicht ganz mithalten, was ich sehr schade finde. 




Die natürliche Atmosphäre der CD, die tolle Arbeit an der Orgel von Govert van der Kolm, eine dezent aber passend eingesetzte Bläsersektion und das respektable Songwriting können punkten. Ich fürchte allerdings daß der Gesang von Ruud Weber auf dem Weg nach oben eher ein Hindernis, weil viel zu zurückhaltend, ist. Der singende Bassist setzt sein durchaus angenehmes Organ phasenweise so mager ein dass die starken Kompositionen ein wenig ermüden. Ob dies die Anhänger der etwas softeren Blues, die, angereichert mit einer gehörigen Portion Soul, die andere Seite der Platte darstellen aber überhaupt stört, wer weiß das schon. 

Cincinnati ist schon interessant, vor allem für Hörer, die im Blues angekommen sind und gerne Abwechslung vom Allerlei haben. Mit ein wenig Ruhe und Geduld lassen sich nämlich auch langsameren Nummern wie World On Fire, Howlin Dog oder das traurige No Way Out, welches eine Anspielung auf den Freitod Hermann Broods sein könnte, bei einem Glas Rotwein, durchaus genießen...


Bernd Fischer

Freitag, 11. November 2016

Destiny - Climate Change


Band: Destiny
Album: Climate Change
Spielzeit: 71:58 min.
Plattenfirma: GMR Music
Veröffentlichung: 20.10.2016
Homepage: http://destinymetal.se/


Wertung: 7 von 10



Tracklist:

1. Duke Of Darkness
2. Living Dead
3. Medieval Rendezvous
4. Lead Into Gold
5. Nothing Left To Fear
6. Sabotage
7. Sheer Death
8. Money Preacher
9. No Reservation
10. Devil In The Dark
11. Evil Trinity
12. Dream Reaper
13. Beyond All Sense
14. Ruins And Destruction (Climate Change)

Geschlagene 11 Jahre sind seit dem letzten im Studio produzierten Lebenszeichen der schwedischen Metal-Veteranen DESTINY namens "Beyond All Sense" vergangen, bei dem das 1985er Debüt nochmals eingespielt wurde. Von einem regelmäßigen kreativen Output kann man bei den älteren Herren definitiv nicht ausgehen. Und auch das aktuelle Werk macht da keine Ausnahme, schließlich sind darauf 5 alte DESTINY Songs in neuem Gewand zu finden. Irgendwie lebt die Band noch in den 80er Jahren und das ist ihrer Mucke auch anzuhören, wobei die Produktion schon aktuellen Maßstäben entspricht. Doch die Wurzeln in den frühen 80ern und Einflüße wie KING DIAMOND oder auch US Metal a la OMEN sind deutlich heraus zu hören. 


Doch gehen wir mal völlig unvoreingenommen an "Climate Change" heran, das vielleicht auch einen Wechsel im Veröffentlichungsrhythmus der Band darstellt. Denn ich würde gerne öfter von den Jungs hören. Der Einstieg mit "Duke Of Darkness", welches auf einem live gespielten Stück aus dem Jahr 1985 basiert, aber anscheinend nie veröffentlicht wurde, ist jedenfalls sehr gelungen. Interessante Riffs, mit einem starken Jonas Heidgert (Ex-DRAGONLAND) am Mikro und einem schönen old-school-Feeling. Das folgende etwas an KING DIAMOND erinnernde "Living Dead" kann da nicht ganz mithalten, mich beschleicht das Gefühl das alles schon mal ähnlich gehört zu haben. Und wenn bei "Medieval Rendezvous" nicht dieses völlig bescheuerte "dong, dong" ständig leicht zu hören wäre, wäre ich wirklich hellauf begeistert. Etwas moderner mit leichten HAMMERFALL meets JUDAS PRIEST Anleihen kann mich dann "Lead Into Gold" fast schon zu Jubelarien hinreißen. Gut, auch hier könnte man sagen, es ist im Grunde nicht wirklich viel neu, aber der Song ist kompositorisch und vom Spannungsaufbau hervorragend gelungen. "Nothing Left To Fear" ist dann wieder absolut klassischer Stoff und ebenfalls halbwegs gelungen. Von "Sabotage" habe ich euch unten das dazu gehörige Video eingebettet, macht euch einfach selbst ein Bild von dem Song. Ich finde ihn nicht schlecht, doch manchmal fehlt mir das gewisse Etwas. 

Und das ist genau mein Problem mit dem gesamten Album. Relativ starke Songs wechseln mit durchschnittlichen Stücken ("Sheer Death", "Beyond All Sense") immer wieder ab und so schwanke ich auch in meiner Bewertung ganz stark. Wer aber von KING DIAMOND und richtig altem Old-School-Metal nicht genug kriegen kann, wird auch bei DESTINY und "Climate Change" seine Freude haben. Ich hatte außerdem ein verschmitztes Lächeln im Gesicht, als ich sah dass Veith Offenbächer auch bei DESTINY an Bord ist. Schließlich malträtiert der deutsche Gitarrist auch bei DAWN OF DESTINY die Saiten, was dann doch viel Schicksal in den Bandnamen darstellt.

Markus


 

Freitag, 4. November 2016

Haudegen - Altberliner Melodien


Band : Haudegen
Album : Altberliner Melodien
Spielzeit : 35:45 Min.
Veröffentlichung : 04.11.2016
Plattenfirma : Blut, Schweiß & Tränen / Tonpool & Zebralution
Homepage : www.haudegen-info.com

Wertung : 8 von 10

Trackliste :
  1. Es gibt nur ein Berlin
  2. Bolle reiste jüngst zu Pfingsten
  3. Ach Marie, tu mir blos den Gefall'n
  4. Das war sein Milljöh (Das Lied vom Zille)
  5. Die Hauptsache ist
  6. Icke Dette kieke mal
  7. Ich habe eine kleine Philosophie
  8. Paula, mach die Bluse zu
  9. In deine Hände lege ich mein ganzes Glück
  10. Kinder schont die Betten
  11. Erst trinken wir noch eins

Wenn Hagen Stoll so aus seinem Buch "So fühlt sich Leben an" zitiert, mag man gar nicht glauben, dass man es mit einem bis über den Hals tätowierten, schwergewichtigen Ex-Türsteher zu tun hat. Hagen und Sven Gillert, beste Kumpels seit früher Kindheit, sind Haudegen, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Die beiden rocken sich seit 2010 aus den Ostberliner Plattenbauten über Umwege bis in die "Tempel der großen Plattenfirmen" (Zitat Sven Gillert, "Zusammen sind wir weniger allein")

Vor allem aber wird bei näherer Betrachtung schnell klar, dass man es bei Haudegen mit zwei Typen zu tun hat, die einiges erlebt haben. Die vor allem ihr Ding, die Musik, konsequent durchziehen und sich eben nicht vom Stasi-bespitzelten Umfeld zu misstrauischen Misanthropen oder gar Antisemiten verformen ließen, sondern zu (fast) ganz normalen Familienvätern entwickelten. Wer Bock hat, mal in eine Leseprobe aus Stolls Buch reinzuhorchen, kann das unter www.soundcloud.com tun, es lohnt sich echt.

Altberliner Melodien ist ein ebenso ungewöhnliches wie wunderbares Album geworden. Vom Cover des Gatefold-Digipaks schmergeln sich zwei martialisch wirkende Typen einen in den Bart und man fragt sich, welche Art von Sauf-Metal der Marke Tom Angelripper jetzt wohl wieder erwartet. 



Vergiss es ! Die beiden stammen aus Berlin, einer Hochburg deutscher Dialekte; diese lieben und pflegen sie schon lange und insbesondere mit dieser Platte. Altberliner Melodien ist eine Ansammlung alter Lieder aus längst vergangenen, und fast vergessenen, Zeiten Berlins. Wer kennt heute noch Willi Kollo, Paul Lincke oder Heinrich Zille ? Und selbst wenn, wen aus den Reihen der Rockfans erschaudert es nicht beim Gedanken an deren Musik ? Wer denkt nicht mit Schrecken an die Musiktruhen der Großeltern, in denen sich Sonntagsmittags bei Salzkartoffeln, Rosenkohl und trockenem Braten mit dunkler Soße Platten wie diese in Dauerrotation drehten...

Nochmal, vergiss es !!!! Haudegen lassen sich nämlich mit viel Gespür für die Vergangenheit darauf ein, diesen Hinterhof-Geschichten und "Szenen von Halunken in Spelunken", also einem sehr speziellen Liedgut in ihrem ganz eigenen, rauhen Gewand gerecht zu werden. Und sie schaffen den Spagat, was mich ganz besonders erfreut, die Lieder in ihrem ureigenen Charakter zu belassen. So erschallen Bolle reiste jüngst zu Pfingsten oder Icke Dette kieke mal irgendwo zwischen unerwartet frisch, funky & heavy und trotzdem ein wenig altbacken. In deine Hände leg ich mein ganzes Glück erinnert in dieser Form gar ein wenig an Tom Trauberts Blues (Waltzing Matilda) von Tom Waits und macht einfach Spaß...wenn, ja wenn man bereit ist, sich drauf einzulassen. 

Leute wie ich, die Berlin nur aus dem Fernseher oder durch die Touristenbrille kennen, können auf diesem Wege sogar noch ein paar interessante Inhalte mitnehmen. Wer sich also abseits aller Hardrock-, Prog- und Bluesplatten mal auf etwas GANZ anderes einlassen möchte, und nichts dagegen hat, in die Historie der deutschsprachigen Musik einzutauchen, sollte unbedingt drüber nachdenken, sich Altberliner Melodien reinzuziehen. Die Platte ist ab sofort in allen gut sortierten Musikgeschäften erhältlich.


Ick empfehle mir, Jungens, dit habter juut jemacht !!!!!


Bernd Fischer

Mittwoch, 2. November 2016

Queen - On Air (2 CD)

Band: Queen
Album: On Air
Spielzeit:  101:24 min.
Plattenfirma: Virgin/EMI
Veröffentlichung: 04.11..2016
Homepage: queenonline.com




Wertung: Unverzichtbares Tondokument der klassischen Queen-70er-Phase


Tracklist:


CD1:
Session 1: 
1. My Fairy King 
2. Keep Yourself Alive 
3. Doing All Right 
4. Liar  

Session 2: 
5. See What A Fool I’ve Been 
6. Keep Yourself Alive 
7. Liar 
8. Son And Daughter 

Session 3: 
 9. Ogre Battle 
10. Modern Times Rock’n’Roll 
11. Great King Rat 
12. Son And Daughter


CD2:
Session 4: 
1. Modern Times Rock’n’Roll  
2. Nevermore 
3. White Queen (As It Began)

Session 5: 
4. Now I’m Here  
5. Stone Cold Crazy  
6. Flick Of The Wrist  
7. Tenement Funster  

Session 6: 
 8. We Will Rock You  
 9. We Will Rock You (Fast)  
10. Spread Your Wings  
11. It’s Late  
12. My Melancholy Blues


Nach Led Zeppelin plündern auch Queen weiterhin ihre Archive und kommen ebenfalls mit einer Gesamtwerkschau ihrer insgesamt 6 BBC-Sessions um die Ecke gebogen.
Etliche der Sessions (genauer gesagt Session 1 und Session 3)wurden bereits auf der Veröffentlichung "Queen At The Beeb" sowie "Queen At The BBC ) veröffentlicht und der Hardcore-Queen-Fan kennt auch die meisten der anderen in den Jahre 1973 bis 1977 entstandenen Tracks für die BBC von verschiedenen "inoffiziellen" Releases.

Dass hier wieder einmal Nögel mit Köpfen gemacht wird versteht sich von selbst. Neben der wie übliche gelungenen Verpackung sowie Aufmachung (die CD's haben als Label ein recht originelles Tonband als Label-Aufdruck)ist in erster Linie die enorme Soundverbesserung zu nennen, die wirklich atemberaubend ist. Offenbar hatte man Zugriff auf die Originalbänder um das Optimum an Sound herauszuholen. Beinahe unglaublich, dass die Tracks 40 Jahre und mehr auf dem Buckel haben. 

Bereits in ihren Anfangsjahren merkte man, dass Queen nicht die übliche Rock-Band der 70er sein würden, dafür war ihre Musik einfach zu variabel. Teils von Led Zep inspirierte Riffs (Ogre Battle), gefühlvolle Balladen ("Nevermore"), beinahe schon als Speed-Metal zu bezeichnende Tracks wie "Stone Cold Crazy" und "Modern Times Rock 'n Roll" (zweimal vertreten - einmal schnell und einmal langsamer) und das unverwüstliche "We Will Rock You" (hier sowohl in der gängigen Fassung als auch in der in den 70ern oftmals live gespielten sensationellen  "Fast Version" vertreten). 

Bereits damals war die Bandbreite der Band enorm. Über das Können von Brian May an der Gitarre sowie dem über alles thronenden Gesang von Freddie Mercury muss man sicherlich keine Worte mehr verlieren. Aber auch Roger Taylor darf sich neben den Drums an den Vocals austoben und John Deacon wird eh meist  leichtsinnig übersehen, dabei war er es der den kommerziell erfolgreichsten Queen-Song in den USA schrieb (Another One Bites The Dust). Auf "On Air"  ist besonders der Hit "Spread Your Wings" aus seiner Feder zu nennen, welches in der BBC-Variante einen genialen schnellen Schlußteil aufweist, der auch nie live gespielt wurde.

Interessant an den BBC Sessions ist natürlich auch die Tatsache, dass es sich hier nicht nur um einfach 1:1 von den Albumfassungen nachgespielte Versionen von Songs handelt, sondern sich die Versionen teilweise erheblich von den bekannten Fassungen unterscheiden, nicht nur im Sound sondern auch von der Instrumentierung (z.B. extended Gitarrensolo in "Son And Daughter" )oder zum Teil anderen Texten.
Es macht durchaus Laune, die hier vorliegenden Versionen unmittelbar hintereinander mit den Albumfassungen abzuspielen und auf die Unterschiede zu achten. Es gibt sehr viel zu entdecken.

Die Liner-Notes, versehen mit raren Fotos, geben detailliert wieder, wann welche Session entstand und die Sessions sind auch chronologisch geordnet (im Gegensatz zur den wild durcheinandergewürfelten Led Zep-Sessions).

Für die harten Sammler gibt es das ganze mit gleichem Inhalt auch als 3-LP Luxus-Vinyl-Set als auch als 6 CD-Box Set mit Live-Material aus den 70er bis 80er Jahre sowie etlichen Stunden Interviews (unter anderem das letzte gemeinsame Band-Interview aus dem Jahr 1989).

Ob man dies alles benötigt kann jeder für sich selber entscheiden, der harte Fan frägt hier sicherlich nicht zweimal nach und schlägt zu.

Alles in allem ein klassisches Tondokument einer der besten Bands (wenn nicht DER  besten!) aller Zeiten. Mit "On Air" kann man wirklich  nicht viel verkehrt machen.


Martin