Dienstag, 31. Oktober 2017

Montrose - Montrose

Band : Montrose
Album : Montrose
Spielzeit : 32:13 / 68:51 Min.
Veröffentlichung : 13.10.2017 
Plattenfirma : RHINO
Homepage : www.ronniemontrose.com

Wertung : 9 von 10

Trackliste :

CD 1
  1. Rock The Nation
  2. Bad Motor Scooter
  3. Space Station #5
  4. I Don't Want It
  5. Good Rockin' Tonight
  6. Rock Candy
  7. One Thing On My Mind
  8. Make It Last
CD 2 Bonus Tracks: 
1-6   1973 Demos
7-17 KSAN Radio Session, Record Plant, Sausalito, CA - April 21, 1973
  1. One Thing On My Mind
  2. Shoot Us Down
  3. Rock Candy
  4. Good Rockin' Tonight
  5. I Don't Want It
  6. Make It Last
  7. Intro
  8. Good Rockin' Tonight
  9. Rock Candy
  10. Bad Motor Scooter
  11. Shoot Us Down
  12. One Thing On My Mind
  13. Rock The Nation
  14. Make It Last
  15. You're Out Of Time
  16. Roll Over Beethoven
  17. I Don't Want It

Wer heute den Namen Montrose in den Mund nimmt und sich ein wenig mit der Geschichte der harten Rockmusik beschäftigt hat, wird im Hinterkopf haben, daß der Gitarrist aus San Francisco im Oktober 1973 nicht nur sein Debut veröffentlichte, sondern DAS Album, welches nicht nur den US-Metal, sondern die Szene weltweit massiv beeinflusste. Kurz vor Montrose waren die Amis noch auf der Suche, Ted Nugent dümpelte mit den Amboy Dukes im Acid-Rock herum, Kiss lernten sich grad erst kennen und andere erwähnenswerte US-Bands klebten fest im Blues- (Mountain) oder Garage-Rock (Stooges) während die Altväter Grand Funk Railroad und Blue Cheer ihr Pulver bereits verschossen hatten. Viele Einflüsse prägten den zukünftigen Sound, vor allem britische Bands wie Black Sabbath und Deep Purple, doch Montrose kreierten ihren ganz eigenen, technisch anspruchsvollen, hochenergetischen Metal-Sound.

Dabei schien es sich im Fall von Ronnie Montrose erstmal ganz anders zu entwickeln, immerhin jobbte der junge Gitarrist zunächst als Studiomusiker für Van Morrison, Boz Scaggs, Herbie Hancock und Edgar Winter, die ja ganz anderen Klängen frönten. Der wachsende Wunsch nach härteren Sounds veranlasste Ronnie jedoch, eine eigene Band zu gründen. Er suchte und fand in Produzent Ted Templeman, der vorher mit den Doobie Brothers, Little Feat und Van Morrison gearbeitet hatte, einen passenden Partner, der seine musikalischen Vorstellungen umsetzen konnte. Hinzu kam, daß Montrose in Sammy Hagar auf einen Sänger stieß, der über ein unglaubliches Organ und eine tolle Präsenz verfügte. Ronnie's langjähriger Kumpel und Bassist Bill Church und Drummer Denny Carmassy komplettierten die Band. Die "amerikanischen Led Zeppelin", wie Montrose später gerne genannt wurden, waren ready to go...



Aus Sicht heutiger, junger Hörer, die geprägt sind von der Vielfalt des immensen Angebotes, mag Montrose im Jahr 2017 ein wenig altbacken klingen, 1973 jedoch platzte mit der Veröffentlichung des Albums eine Bombe, der leider viel zu lange die Anerkennung verwehrt wurde. Sammy Hagar äußerte sich kurz nach Ronnie Montrose's tragischen Tod im März 2012, folgendermaßen: “There was Jimmy Page, Jeff Beck and Clapton, those were the guys, but none had Ronnie’s fire. He played at 100%, he was just on fire - he jumped around, just was a really high-energy performer. I learned all that from him, and everything I do today - no ego involved - it came from him, from seeing him perform that first time with Edgard Winter and then standing next to him within a week and rehearsing. I was always a high-energy guy, but I wasn’t that way [onstage] until I got in Montrose.”

Vom ersten Moment an drücken Montrose das Gaspedal bis zum Anschlag durch, ob im treibenden Opener und all-Time Klassiker Rock The Nation, der an MC5's Kick Out The Jams erinnert oder dem durch Montroses Honda350-Imitation geprägten Bad Motor Scooter, die Platte brettert nur so durch die ersten beiden Songs. Das riffgewaltige und von Hagars Science-Fiction-Fantasien geprägte Space Station #5 lässt sich vom hart swingenden I Don't Want It ablösen, immer voran die Gitarre von Ronnie Montrose und das unglaublich straffe Schlagzeug/Bass-Fundament, welches sämtliche Songs wie ein Uhrwerk zum Ziel treibt. Dem Ganzen setzt Sammy Hagar die Krone auf, dessen Gesangsleistung sich, man achte erneut auf den Zeitpunkt seiner Entstehung, kaum in Worte fassen lässt. Diese Art zu singen, mit all ihrer Kraft und Vehemenz und doch mehrere Oktaven umfassend, hatte es bis dahin in Kombination mit dieser Bandleistung nicht gegeben. Kein Wunder daß eine Band wie Van Halen direkt daran anknüpften, diesen Sound, insbesondere Montrose's Saitenkünste, kopierten, verfeinerten und tierisch damit abräumten. Und genau der Erfolg war es denn auch, der Montrose anfänglich fehlte...der Markt war noch nicht bereit für solch ein Feuerwerk. So verkaufte sich die Scheibe zunächst schleppend, mutierte über die Jahrzehnte jedoch verdientermaßen zum Millionenseller.
Was bleibt sind späte Ehrungen wie diese remasterte und um diverse Bonustracks aufgewertete 2CD RHINO-Neuauflage und eben die Songmonster, wie das überragende Rock Candy. Der fünfminütige Song ist ein Monument von Song, eben weil alles irgendwie neu war. Ob das von Bass und Schlagzeug geprägte Kurz-Intro, die mäandernde, schleppende Gitarrenarbeit von Ronnie Montrose oder Sammy Hagars lässiger Gesang, die Nummer entfaltet einen mitreissenden Charme, dem man sich schlecht entziehen kann. Wie gesagt, wer gedanklich ein paar Jahre zurück spulen kann, bekommt eher einen Zugang. Es fällt schwer, besondere Highlights oder Schwachpunkte zu finden, Montrose ist eine Platte, die auch ich jahrelang übersehen habe, dafür aber umso mehr schätzen gelernt habe, weil sie musikalisch als auch historisch betrachtet ein Meilenstein ist.

Montrose präsentierten sich der Öffentlichkeit erstmals am 21. April 1973 in Form einer 45 minütigen Radioshow auf der KSAN FM’s Tom Donahue Show. Die Show beinhaltete das komplette Album (außer Space Station #5) und wurde im Record Plant Studio, Sausalito, mitgeschnitten. Hinzu kamen Roll Me Nice, You’re Out Of Time, und Roll Over Beethoven. Die Aufnahme war jahrelang nur als Bootleg erhältlich und ist jetzt als Bonus auf der zweiten CD dieser Veröffentlichung erhältlich. Hinzu kommen erstaunlich gut produzierte Demo-Tracks, die ein sehr gelungenes Re-Release abrunden und den Kauf der Doppel-CD absolut rechtfertigen.

Rhino zeigt an dieser Stelle, wie mit der Geschichte unserer Musik umgegangen werden sollte, ich für meinen Teil freue mich schon auf das zweite Montrose-Album, Paper Money.

Bernd Fischer

Dienstag, 24. Oktober 2017

Communic - Where Echoes Gather

Band: Communic
Album: Where Echoes Gather
Spielzeit: 53:10 min.
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 27.10.2017
Homepage: www.communic.org

Wertung: 8 von 10



Tracklist:

01. The Pulse of the Earth (Part 1 - The
Magnetic Center)
02. The Pulse of the Earth (Part 2 -
Impact Of The Wave)
03. Where Echoes Gather (Part 1 -
Beneath The Giant)
04. Where Echoes Gather (Part 2 - The
Underground Swine)
05. Moondance
06. Where History Lives
07. Black Flag Of Hate
08. The Claws Of The Sea (Part 1 -
Journey Into The Source)
09. The Claws Of The Sea (Part 2 - The
First Moment)

Es ist schon geschlagene 12 Jahre her, dass sich die Wege der norwegischen Progressive Metaller COMMUNIC mit den meinen kreuzten, denn damals bekam ich deren offizielles Debüt "Conspiracy In Mind" zum intensiven Hörgenuß dargereicht. Und was soll ich sagen, auch wenn nicht alles Gold war, was glänzte, so blieben mir die Jungs doch in angenehmer Erinnerung. Und doch verlor ich die Band nach dem 2006er Output "Waves Of Visual Decay" aus den Augen und die beiden folgenden Alben "Payment Of Existence" und "The Bottom Deep" sind mir noch immer unbekannt. Nach einer langen Pause, bedingt durch "Elternzeit" und sonstigen Herausforderungen, denen sich die Skandinavier stellen mussten, erscheint nun über AFM Records das Comeback "Where Echoes Gather". 


Rein musikalisch hat sich im Grunde nicht viel verändert, es regiert weiterhin progressiver Metal, der zwischen trashigen Passagen und hochmelodischen, fast schon poppig anmutenden Momenten geschickt und mit viel Gefühl wechselt. Leicht machen es COMMUNIC dem Hörer nicht immer den teilweise recht verschachtelten Stücken zu folgen und doch verlieren Sie nie den berühmten roten Faden. So startet "The Pulse Of The Earth (Part 1 - The Magnetic Center)" sogleich mit harten Riffs, ungewöhnlichen Breaks und einer leichten 70er Jahre Attitüde (die ich mir aber so gar nicht logisch erklären kann) und hinterlässt mich nach dem ersten Hören etwas ratlos zurück. Denn der Opener benötigt mehr als 5-6 Durchläufe, um dann endlich zu zünden. Das könnte das Trio um Sänger/Gitarrist Oddleif Stensland, Bassist Erik Mortensen und Schlagzeuger Tor-Atle Andersen naturbedingt sich etwas einfacher machen. 

Doch spätestens beim zweigeteilten Titeltrack haben mich COMMUNIC wieder in ihren ganz eigenen Bann gezogen. Doch das persönliche Highlight dieses Albums ist meiner Meinung nach das fast 9-minütige "Moondance", welches mit seiner anfänglichen ruhigen Atmosphäre bei mir ganz fett punkten kann. Da kommen Erinnerungen an SANCTUARY bzw. NEVERMORE bei mir auf, die ich seit Jahren vergöttere. Schade, dass COMMUNIC dieses Niveau leider nicht über die volle Spielzeit des Albums halten können. Während mir der Refrain bei "Where History Lives" etwas zu banal um die Ecke kommt, läuft "Black Flag Of Hate" gar völlig an mir vorbei. Ist mir ein bisschen zu klassischer Progressive Metal ohne das gewisse Etwas. 

Glücklicherweise bleibt es bei dieser kleinen Schwächephase und die letzten beiden Tracks "The Claws Of The Sea (Part 1 - Journey Into The Source)" und "The Claws Of The Sea (Part 2 - The First Moment)" können mich dafür entschädigen. Hier zeigen COMMUNIC abermals Ihr ganzes Können und ich staune abermals, wie man als Trio nur solch einen guten Sound hinbekommt. Respekt. So kann ich starke 8 von 10 Punkten zücken und freue mich, dass es COMMUNIC wieder auf die Metal Veröffentlichungslandkarte geschafft haben. Lasst euch aber bis zum nächsten Album aber bitte nicht mehr ganz so viel Zeit.

Markus

 

Samstag, 21. Oktober 2017

Europe - Walk The Earth

Band: Europe
Album: Walk The Earth
Spielzeit: 41:01 min.
Plattenfirma: Hell and Back Recordings

Veröffentlichung: 20.10.2017
Homepage: www.europetheband.com



WERTUNG: 8,5 von 10


Tracklist:


 1. Walk The Earth 
 2. The Siege 
 3. Kingdom United 
 4. Pictures 
 5. Election Day 
 6. Wolves 
 7. GTO 
 8. Haze 
 9. Whenever You’re Ready 
10. Turn To Dust 


Europe können einem leid tun. Die einen (vornehmlich die böse dreinguggende Metalfraktion) schieben sie ins käsige One-Hit-Wonder-Regal und hassen sie für den "Final Countdown" (und tanzen dann Silvester freudselig dazu ins neue Jahr).
Die andere trauern gerade diesen seligen 80er Zeiten hinterher und wünschen sich Songs a'la "Carrie" und "Rock The Night" Version 2.017.

Europe ist dies alles egal und das ist gut so. Wie sämtliche Vorgängerwerke seit ihrem Comeback in 2003 scheren sich die Jungs um Joey Tempest einen feuchten Dreck darum, was angesagt oder gewünscht wird sondern ziehen ihr Ding durch. Und das heisst auf "Walk The Earth" klassischer Hardrock mit vielen Einflüssen von Deep Purple.

Der vorab bereitgestellte Titelsong gibt die Marschrichtung für die nächsten gut 40 Minuten vor. Classic Rock wie er im Buche steht, die Schweineorgel dröhnt wie in den 70ern und Joey Tempest ist wie immer gesanglich eine Bank. Lediglich bei John Norum hat man manchmal das Gefühl er zieht sich etwas zurück aber dennoch brilliert er mit seinen Soli, die zwar nicht spektakulär aber effektiv sind. Und seinen eigenen spezifischen Sound hat er sowieso.
Für diejenigen, denen "War Of Kings" etwas zu langsam vom Tempo war (zu denen zähle ich mich auch), werden auf der neuen Scheibe gut bedient, denn es sind einige schnelle Rocker am Start. Dazu zählt u.a. "The Siege" und der härteste Song der Scheibe "GTO", der auch teilweise an Thin Lizzy zu "Thunder And Lightning"-Zeiten erinnert. Beides sehr geile Nummern.

Über mangelnde Abwechslung kann man sich weissgott nicht beschweren. "Pictures" ist die einzige Ballade der Scheibe, jedoch nicht im Stil von "Carrie" & Co. sondern der Geist von David Bowie's "Space Oddity"  ist nicht zu übersehen bzw. hören (fast schon etwas zu prominent).  "Wolves" verlangt dann schon etwas Offenheit des Hörers, denn der Song ist so ziemlich der Düsterste in der gesamten Europe-Discographie. Psychedelisch angehaucht mit einem monotonen Vers, der sich aber zumindest im Chorus zu einer kleinen Hymne steigert. Gewöhnungsbedürftig aber mutig.

Meine Lieblingsnummer ist derzeit "Election Day", eine Nummer, welche noch am ehesten an vergangene 80er Zeiten erinnert und eine majestätische Hymne vor dem Herrn darstellt.

Diejenigen, die ständig behaupten, dass Europe zu stark von ihrem Signiture-Sound abweichen, sollten sich die Mühe machen und "Kingdom United" einmal mit Stücken der allerersten Europe-Scheiben  vergleichen. Sie werden dann feststellen, dass die Unterschiede dann doch nicht so groß wie befürchtet sind, starteten die Schweden einst ebenfalls mit klassischem Hardrock durch, ehe die melodisch-süßliche Note mehr betont wurde. 

Mit "Haze" hat sich "War Of Kings Part 2" eingeschlichen, dass Riff ähnelt dem des Titelsongs doch frappierend wie auch der gesamte Songaufbau.

Alles in allem ist "Walk The Earth" erneut eine runde Sache und dürfte jeden neuzeitlichen Europe-Anhänger mehr als zufrieden stellen. Richtige Ausfälle kann ich nicht ausmachen und man darf gespannt sein wie die neuen Songs live klingen.

Auf der kommenden Tour im November/Dezember sollte man sich davon sein eigenes Bild machen. Ich freue mich jedenfalls darauf.


Martin




 



Montag, 16. Oktober 2017

10 Years - (how to live) As Ghosts


Band : 10 Years
Album : (how to live) As Ghosts
Spielzeit : 40:29 Minuten
Veröffentlichung : 27.10.2017
Plattenfirma : Mascot Records
Homepage : www.10yearsmusic.com

Wertung : 7 von 10

Trackliste :

  1. The Messenger
  2. Novacaine
  3. Burnout
  4. Catacombs
  5. Ghosts
  6. Blood Red Sky
  7. Phantoms
  8. Vampires
  9. Halos
  10. Lucky You
  11. Insomnia

Zugegeben, wenn Jesse Hasek über seine Schlaflosigkeit, sorry -Insomnia- singt, hat das schon einen ganz besonderen Charme. Fast hätten 10 Years aus Knoxville, Tennessee meine Aufmerksamkeit gar nicht bekommen, doch ein hartnäckiger Promoter sah das nicht ein. Und da die CD jetzt schon mal in meiner Anlage liegt und sich in mein Gehör rotiert, will ich auch mal nicht so sein. Immerhin legen die Jungs mit (how to live) As Ghosts ihr inzwischen achtes Album vor - da muss ja irgendwas dahinter stecken. Dabei haben sich 10 Years der Sorte Metal verschrieben, die mir ehrlich gesagt schon immer irgendwie abging. Ich assoziiere, vermutlich altersbedingt, mit all diesen Nu-, Emo- und was-auch-immer Metal-Bands, bunte Tagebücher, deren Inhalte in Songs verarbeitet werden und deren Besitzer sich selbst mit Ü30 noch immer nicht von ihren bösen und ungerechten Eltern abgenabelt haben. Dabei gibt es ja durchaus die Befürchtung zu vermuten, daß ich von Alledem, also von den Problemchen der heutigen Jugend, überhaupt keinen Plan mehr habe. Wer weiß das schon...
Jedenfalls haben Drummer Brian Vodinh und Gitarrist Matt Wantland nach einer selbstauferlegten Pause zur Band zurückgefunden und beschlossen, gemeinsam mit den alten Freunden einen echten Hammer rauszuhausen. "In the past, I've written a lot of songs that were pretty ambiguous. But on this record, I'm more comfortable being direct and talking about things that are important to me. I'm older and find myself reflecting on the world more especially after having traveled the world and talk to people and really see what's going on" so HasekZur Seite stand ihnen dabei Produzent Nick Raskulincz (Alice In Chains, Ghost, Deftones, Mastodon) und was soll ich sagen, es hat sich durchaus gelohnt. Selbst wenn mir XXXXL-Harmonien und die maximale Anhäufung von Hooklines ein wenig den Zahn ziehen, so richtig kitschig oder gar peinlich wird das nie. Und ja, auch als Metal-Album geht (how to live) As Ghosts durch, zwar in seiner poppigsten Form, aber 10 Years verlieren sich nicht komplett in ihrer Wohlfühlzone, sondern lassen es auch mal krachen. Der Mix aus poppigem Djent und Prog-Metal der Marke Tool meets Steven Wilson wird seine Hörer finden, da bin ich mir sicher. Dafür sind Songs wie Ghosts zu stark, die Nummer spiegelt mit ihrem melodiös-harten Drive und dem hellen aber kraftvollen Gesang von Jesse Hasek, der ein wenig an Brian Molko (Placebo) erinnert, im Grunde das Album wieder. Ein weiterer starker Songs, Burnout, packt noch eine Schaufel Energie drauf und hat meinen Segen als Album-Highlight, gemeinsam mit der Schlussnummer Insomnia, die ich bereits erwähnte. 

Ob mir das persönlich aber ausreicht, ob ich (how to live) As Ghosts zukünftig auflegen werde, bleibt abzuwarten denn irgendwie ist das Konzept von 10 Years, diese Musikrichtung, nach wie vor nicht meins. Die Generation 30 Seconds To Mars wird das sicher ganz anders sehen...darf sie auch und meinen Segen hat sie. Es gibt sieben Punkte für eine sehr geile Produktion, eingängige Songs, solides Handwerk. Ein bißchen mehr Bratz und Rotz und ich hätte dem Ganzen die Absolution erteilt...


Bernd Fischer

Sonntag, 8. Oktober 2017

Supersonic Blues Machine - Californisoul


Band : Supersonic Blues Machine
Album : Californisoul
Spielzeit : 63:13 Min.
Veröffentlichung : 20.10.2017
Homepage : www.supersonicblues.com

Wertung : 9 von 10 

Trackliste :

  1. I Am Done Missing You  
  2. Somebody's Fool (feat. Robben Ford)
  3. L.O.V.E.
  4. Broken Heart (feat. Billy F.Gibbons)
  5. Bad Boys
  6. Elevate (feat. Eric Gales)
  7. The One
  8. Hard Times (feat. Steve Lukather)
  9. Cry
  10. The Stranger
  11. What's Wrong (feat. Walter Trout)
  12. Thank You
  13. This Is Love

Auch die zweite Veröffentlichung der Supersonic Blues Machine ist eine rundum schmissige Angelegenheit geworden. Selbst wenn die Scheibe nahtlos am Vorgänger West Of Flushing, South Of Frisco anknüpft und in Robben Ford, Billy Gibbons, Eric Gales und Walter Trout gar die fast identische Riege Gastmusiker hinzugezogen wurde (lediglich Warren Haynes wurde durch Steve Lukather ersetzt), ist die Musik auf Californisoul alles andere als langweilig geraten. Im Gegenteil, die Fans von Fabrizio Grossi (Bass), Lance Lopez (Gitarre, Gesang) und Kenny Aronoff (Schlagzeug) dürfen sich auf ein weiteres Album voller Bluesrock-getränkter Songs mit viel Seele unter der harten Schale freuen.

Ein lässiger Reggae-Rocker mit Tiefgang eröffnet Californisoul. "Der Song richtet sich sowohl an verschmähte Liebhaber, als auch diejenigen, die ihre schlechten Angewohnheiten hinter sich gelassen haben. Das Album studiert und feiert die Menschlichkeit" so Lance Lopes über I Am Done Missing You. Charakteristisch, und das zieht sich wie ein roter Faden durch die beiden Platten, ist das schwitzig-bluesige Grundgefühl und der mehrstimmige, irgendwie nölig wirkende Backgroundgesang von Anita und Francis Benitez Grossi. Dazu Handclaps. Immer wieder und in fast jedem Song krabbeln Handclaps hinterm Gebüsch hervor. Ich find's OK, hört sich cool an und prägt den SBM-Sound, also was soll's. Die Frage nach den Gästen beantwortet Fabrizio Grossi: "Viele Leute fragen mich, warum bei Supersonic Blues Machine immer Gastmusiker mit von der Partie seien, obwohl wir doch selbst genug auf dem Kasten hätten. Es gibt drei Antworten darauf. 1.: Wir sind alle eng befreundet und hatten einen Mordsspaß. 2.: Viele von Ihnen geben keinen Unterricht. Das ist unsere einzige Chance, hinter ihre Geheimnisse zu kommen. Und 3.: Sie inspirieren und fordern uns gleichzeitig heraus." Aha.

Die illustre Gästeschar setzt allerdings unterschiedliche Akzente: Robben Ford steuert ein unauffällig feines Gitarrensolo hinzu und veredelt das ohnehin sehr galant dahingleitende Somebody's Fool, während Billy Gibbons dem "Soundtrack eines imaginären Roadtrips von Los Angeles nach San Francisco im Jahr 1971" mit Broken Heart seinen unverkennbaren Desert-Blues-Boogie einhaucht. Man muss das auch gar nicht kommentieren, Gibbons' Licks sind dermaßen prägnant daß sogar mein Wellensittich den inzwischen 67-jährigen heraushören würde. Der schönsten Nummer darf aber Steve Lukather beiwohnen. Hard Times gleitet schläfrig wie ein warmer Sonntagmorgen dahin und wächst an zu einem furiosen Zusammenspiel sämtlicher Ingredienzen die die Supersonic Blues Machine anbietet. In der Besucherritze zwischen Lukathers Saiteneinlagen schnurrt ein zurückhaltendes Keyboard, allerfeinst von Alessandro Alessandroni jr. intoniert. Auch hier sind es die Feinheiten im Hintergrund, wie die sanft angeschlagenen Chimes und Bongos, die Atmosphäre erzeugen. Letzten Endes ist es aber Lance Lopes, dessen kratziges Organ und Gitarrenspiel das Ding, natürlich auf dem Fundament seiner versierten Mitstreiter, prägen. Hard Times ist einer der stärksten Songs auf einer durchgehend gelungenen Platte. 



Das Gros der Lyrics steuerte übrigens Fabrizio Grossi bei, aufgenommen wurde Californisoul in Kalifornien und zwar im Fab’s Lab im Norden Hollywoods. Die Scheibe kommt übrigens auch ohne fremde Hilfe aus. Unter anderem lohnt sich das eingängige L.O.V.E., welches mit einem wunderbaren Chorus glänzt und ansonsten höchst lässig mit schöner Bluesharp überzeugt. Funkig wird es mit The Stranger und gefühlvoll mit Cry, einer trotz aller Emotionalität kraftvollen Ballade. Mein persönliches Highlight ist eher untypisch für Californisoul, fügt sich am Ende der tollen Scheibe aber ganz wunderbar ein. What's Wrong, ein klassischer Blues, steigert sich und gipfelt im Duell zwischen Lance Lopez und Walter Trout, die vom Gitarren- ins Gesangsduell wechseln und sich immer verzweifelter die Frage stellen, was in "ihrem" Blues grad falsch läuft.

The Answer is, there's nothing wrong with your Blues, Sirs.

This Is Love, ein cooler Reggae, darf Californisoul genauso beenden, wie er es eröffnet hat. Alles in allem ist Californisoul ein Paradebeispiel für modernen Bluesrock, der in sämtlichen Genres wühlen darf und Freiheit und Wandel atmet. Ganz wie damals auf dem Roadtrip im Jahr 1971. 


Bernd Fischer