Interpret : Ian Hunter
Album : The Artful Dodger
Spielzeit : 60:08 Min.
Veröffentlichung : 30.05.2014 (1996)
PLattenfirma : MiG (Made in Germany)
Homepage : www.ianhunter.com
Wertung : 8 von 10
Trackliste :
- Too Much
- How Is The Time
- Something To Believe In
- Resurrection Mary
- Walk On Water
- 23A, Swan Hill
- Michael Picasso
- Open My Eyes
- The Artful Dodger
- Skeletons (In Your Closet)
- Still The Same
- All F%&k Up - Bonus (Single B-Side)
Selbst wenn ich mich vielleicht wiederhole; ich freue mich ja immer wie ein kleines Kind zu Weihnachten, wenn Mr. Postman himself mir mal wieder diese kleinen glitzernden, schön in Noppenfolie eingetüteten Silberlinge, CDs genannt, vorbeigebracht hat.
Und wenn dann auch noch Perlen darin enthalten sind, mit denen man gar nicht gerechnet hat, steigt meine Freude schon mal in Unermessliche. Jüngst geschehen mit der remasterten Neuauflage von Ian Hunter's The Artful Dodger...
Der ehemalige Mott The Hoople Sänger aus Mittelengland startete seine Solo-Karriere im Jahr 1975. Mit dem Beginn dieser Phase begann auch eine sehr enge und überaus kreative Zusammenarbeit mit dem Gitarristen Mick Ronson. Ronson spielte zuvor mehrere wegweisende Alben mit David Bowie ein und reicherte Hunters Schaffen in den folgenden Jahren als Gitarrist, Songwriter und Produzent wegweisend an. Irgend jemand sagte einmal, Mick Ronson hätte seine beste Arbeit immer für andere Musiker aufbewahrt und Ian Hunters beste Alben seien unter Ronson's Einfluss entstanden...die fruchtbare Zusammenarbeit und Freundschaft endete leider mit seinem Tod im Jahr 1993.
Die Aufnahmen der, nach Ronson's Ableben entstandenen, Alben Dirty Laundry und The Artful Dodger, wurden von Produzent Björn Nessjö betreut, der Hunter dermaßen beeindruckte, dass dieser ihm, mangels Plattenfirma, eine Teilhabe an The Artful Dodger anbot. Was dazu führte, dass die Platte zunächst ausschliesslich in Norwegen, Nessjös Heimat, veröffentlicht wurde. In Deutschland erschien die Scheibe später in Kleinstauflagen, infolgedessen The Artful Dodger hierzulande eher unbekannt blieb. Völlig zu unrecht, wie die von Tonmeister "Hoppi" Hoppstock remasterte Neuauflage jetzt beweist.
Die Platte strotzt, im Gegensatz zum Vorgängeralbum, welches Hunter noch unter dem Schock des Todes seines Freundes, unter der Beteiligung vieler verschiedener Musiker aufnahm, vor feinfühligen Songs, hat aber mit Something To Believe In und Walk On Water zwei flottere Stücke an Bord. Ian Hunter hat ein sehr emotionales Album geschaffen und ich frage mich zum wiederholten Mal, warum ich eine solch bemerkenswerte Scheibe nicht viel früher bemerkt habe. Deshalb ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, euch The Artful Dodger ans Herz zu legen.
Der Einstieg in die Platte fällt sehr leicht, Too Much läuft immer mal wieder im Radio und so mancher von euch wird die Nummer, die mich leicht an Springsteen's 94er Hit Streets Of Philadelphia erinnert, sofort erkennen.Welch scheinbar unerschöpfliches Gespür für Harmonien und Melodien Ian Hunter hat, zeigt sich fast durchgängig. Now Is The Time besticht durch Hunters wandelbares, in diesem Fall leicht rauchiges, Organ. Ein wohldosiertes Keyboard unterstreicht die besondere Note des Songs, der bereits nach dem zweiten Durchgang hängen bleibt. Ob die Songs nun, wie das tolle 23A, Swan Hill im Refrain an vergangene Glam-Zeiten erinnern oder Hunter sich im Titelsong als "dysfunctional chap", also als gestörten Typen, bezeichnet...immer wieder wird klar, dass der Mann einfach ein Talent dafür hat, Songs zu schreiben.
Mit dem langsam dahingleitenden Open My Eyes kommt mal wieder Zeit zum Durchatmen auf, bevor das ebenfalls bedächtige Still The Same beschliesst, was Hunter mit Michael Picasso im Mittelteil der Platte begann. Dort nämlich besingt er den Verlust des Eingangs erwähnten Mick Ronson: "You turned into a ghost surrounded by your pain, and the thing that I liked the least was sitting 'round Hasker Street, lying about the future. And we all sit in a room full of tears on a windy day and I looked out. But none of these words seem right, I just wanted to give something back to you. Gift to gift, Michael, Michael Picasso good night".
Worte wie diese geben der Scheibe schlussendlich den Charakter, welchen ausschliesslich Platten wie Lou Reed's Magic And Loss oder neulich Walter Trout mit seinem The Blues Came Callin' (übrigens hier bei Rockingboy, wo sonst, nachzulesen) eben haben: Schmerz, Trauer und Verlust.
The Artful Dodger, was übrigens soviel wie "listiges Schlitzohr" bedeutet, ist allerdings kein düsteres Album geworden, im Gegenteil, Hunters britischer Humor blitzt hie und da auf und so kann die Scheibe auch gerne ein zweites Mal aufgelegt werden. Es lohnt sich !
Bernd Fischer
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