Sonntag, 1. Juni 2014

Marcus Hook Roll Band - Tales Of Old Grand Daddy


Band : Marcus Hook Roll Band
Album : Tales Of Old Grand-Daddy
Spielzeit : 55:48 Minuten
Veröffentlichung : 30.05.2014
Plattenfirma : Warner Music Germany
Homepage : www.warnermusic.de/marcus-hook-roll-band 

Wertung : 8 von 10

Trackliste :  
  1. Can't Stand The Heat
  2. Goodbye Jane
  3. Quick Reaction
  4. Silver Shoes & Strawberry Wine
  5. Watch Her Do It Now
  6. People And The Power
  7. Red Revolution
  8. Shot In The Head
  9. Ape Man
  10. Cry For Me
  11. One Of These Days (bisher unveröffentlicht)
  12. Natural Man (1972 A-Side of Regal Zonophone RZ 3061)
  13. Moonshine Blues (1974 B-Side of "Can't Stand The Heat" BASF & #8506-06)
  14. Louisiana Lady (1973 A-Side of Regal Zonophone RZ 3072)
  15. Ride Baby Ride (bisher unveröffentlicht)

Es ist ja immer so'ne Sache mit den musikalischen Ausgrabungen und Raritäten dieser Erde. Solange sie friedlich vor sich hinschlummern, kräht kein Hahn danach. Steigen sie aber aus ihrem temporären Grab empor, hat die Band einen extrem hohen Bekanntheitsgrad und läuft die Werbemaschinerie optimal, gibt es plötzlich einen Riesenknall...

Dass dies im Fall der Marcus Hook Roll Band so sein könnte, war wohl nicht besonders schwer vorherzusehen, handelt es sich bei der Band doch um Malcolm und Angus Young, die mit ihrem großen Bruder George und dessen Easybeats-Kollegen Harry Vanda Mitte '73, also in den Anfangstagen ihrer Karrieren, die hier vorliegenden Aufnahmen einspielten. 
Was mich schon eher verwundert ist die Tatsache, dass die Scheibe nicht viel eher an die breite Öffentlichkeit gelangt ist, von einigen Kleinstauflagen und obskuren Wiederveröffentlichungen, für die einige hartgesottene AC/DC-Fans schon ihr Konto geplündert haben sollen, mal abgesehen. Denn im Gegensatz zu vielen "sensationellen" Ausgrabungs-Knallfröschen der Vergangenheit, haben wir es bei den Tales Of Old Grand-Daddy mit einer richtig geilen und gut produzieren Platte zu tun.


Produzent Allan "Wally" Waller ist übrigens Namensgeber der Platte. Ich will euch die Geschichte mit dem legendären Saufgelage, die gerade in aller Munde ist, an dieser Stelle aber ersparen, da gibt es wichtigeres. Denn was die Jungs hier abgeliefert haben, natürlich auch unter besonderer Berücksichtigung von Malcolm und Angus, die der Platte mehrfach ihren schon hier unverkennbaren Stempel aufdrückten, ist wirklich vom Feinsten und lässt die Frage aufkommen: Was wäre passiert, wenn die Plattenfirma nicht plötzlich ihr Interesse verloren hätte. Was, wenn die Platte ein Erfolg geworden wäre ? Hätten Malcolm und Angus jemals...nee nee, den Gedanken spinnen wir lieber nicht weiter, oder ?

Uns bleibt die Freude über 10 Songs und 5 Bonustitel, in denen sich so manche spätere Heldentaten bereits ausmachen lassen. Can't Stand The Heat und Goodbye Jane lassen erstmal nicht erahnen, was den Hörer erwartet: Flotter Pubrock mit leichten Soul- bzw. Funkeinflüssen und einem schönen Saxophon und Barroom-Piano, der Charme hat, aber nicht zwingend als sensationelle Entdeckung herhalten muss. Quick Reaction dagegen zündet sofort, die Nummer groovt ohne Ende, ist vor Publikum aufgenommen und deutet konkret an, wohin der Weg die Gebrüder Young einmal führen sollte. Ich sage nur: TNT ! Und empfehle wärmstens, mal reinzuhören...



Im weiteren Verlauf der Platte schüttet die Band ein Füllhorn toller Momente über uns aus, Silver Shoes & Strawberry Wine überrascht als feine Ballade in der Sänger Harry Vanda zeigt dass er nicht der Schlechteste ist. Vanda und George Young teilen sich den Gesang übrigens, und so ergeben sich immer wieder unterschiedliche Stimmungen. Das an die Temptations erinnernde People And The Power wird, der Zeit entsprechend vom Glam-Rocker Red Revolution abgelöst, der sich wiederum in seinen kurzweiligen 3 Minuten zum furiosen Rocker mausert, Schuld daran wieder die treibenden Riffattacken der Gebrüder Young
Dann die Glanztat des George Young, der seinen schottisch-australischen Slang voll durchdrückt und aus dem mit lässigem Chorus ausgestatteten, markigen Shot In The Head, ein Highlight macht. Die Nummer hat übrigens ein Vorleben...die britischen Bluesrocker Savoy Brown packten sie in einer freilich anderen Interpretation auf ihr 1970er Album Lions Share. Die Ursprungsversion stammt von Vanda & Young, die sie als Haffy's Whiskey Sour aufnahmen. Mittlerweile gibt es einige Varianten der lässigen Nummer. 

Die lustige Angeber-Verarsche Apeman, mit Metallketten-Geschepper im Hintergrund, geht dann der letzten Nummer, einer weiteren Ballade voraus. Und was für einer !  
Harry Vanda geht jetzt voll an seine Grenzen und veredelt einen ohnehin schon feinen Song, als gäbe es kein Morgen mehr. Und wenn sich je einer beim Singen 'ne Träne verdrückt hat, dann Mr.Vanda an dieser Stelle. Tales Of Old Grand-Daddy endet weitaus grandioser, als es angefangen hat und erneut frage ich mich, warum all die Jahre niemand diese Platte auf dem Schrim hatte... so kann's gehen.

Kommen wir zum Beipack. Nebst höchst informativem Booklet mit allerlei Wissenswertem, veredeln fünf Bonustracks die Scheibe. One Of These Days hatte einfach das Pech, nicht mehr aufs Album zu passen, hätte es aber allerbestens getan. Das countryeske Ride Baby Ride fällt da schon eher aus dem Rahmen, geht als Bonustitel aber sehr gut durch. Zwischen diesen Stücken lagern drei A- bzw. B-Seiten. Auch hier kein Ausfall, und zum Schluss die Feststellung dass auf Louisiana Lady ein vierter Young-Bruder ins Spiel kommt: Alex Young, der älteste und 1997 verstorbene Bruder aus der Young Dynastie, gibt hier seine Saxophonkünste zum besten.

Wow, ich habe nicht damit gerechnet, von einer Platte, die 1973 ihren Ursprung hatte und derart lange schlummerte...von der man also nie etwas gehört hat, derart begeistert zu werden. Ziehe ich sämtliche Euphorisierungsnoten ab, bleiben hervorragende acht Punkte übrig, die sich die Marcus Hook Roll Band aber wirklich verdient hat.


Bernd Fischer 

 

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