Montag, 1. April 2013

Bon Jovi - What About Now






Band: Bon Jovi
Album: What About Now
Spielzeit: 73:34 Min.
Veröffentlichung: 08.03.2013
Plattenfirma: Universal
Homepage: www.bonjovi.com

 
Wertung: 
Für BonJovi Freunde bis 1995 und Rockfans: 1/10
Für Popfreunde:                                                   3/10



Tracklist:

1. Because We Can
2. I'm With You
3. What About Now
4. Pictures of You
5. Amen
6. That’s What the Water Made Me
7. What’s Left of Me
8. Army of One
9. Thick as Thieves
10. Beautiful World
11. Room at the End of the World
12. The Fighter
13. These Two Hands
14. Not Running Anymore
15. Old Habits Die Hard
16. Every Road Leads Home to You

17. Into The Echo



Also ich habe lange überlegt überhaupt einer Review zu dieser Scheibe zu schreiben aber vielleicht ist das ja eine Art Therapie, um von dem Schock dieses ultramiesen Machwerks loszukommen.
Nicht falsch verstehen - ich war einmal ein großer Bon Jovi Jünger, bereits zu den Zeiten, als bereits damals alle über sie gelacht haben, von wegen Pudelfrisuren und Mainstreammucke. Heute lachen noch mehr über sie, aber nicht mehr über die Frisuren, sondern hauptsächlich wegen der ultraseichten Musik und der megaflachen Lyrics.
Es gab Zeiten, da hätte ich für JBJ und Richie Sambora gekillt, spätestens seit "Lost Highway", für mich DIE schlechteste Scheibe einer Majorband aller Zeiten, war dann Schluss. Und was man derzeit so live von Ihnen hört und sieht ist ebenfalls nur noch traurig.
Man kann ja zur musikalischen Entwicklung  der Truppe durchaus stehen wie man will, manchen gefällts eben und manchen nicht, was mir aber an Bon Jovi am meisten auf den berühmten Sack geht sind zwei Sachen:

A) Man distanziert sich komplett von der Vergangenheit (bis auf das unvermeidliche lustlose Abspielen der alten Hits, bei denen man immer merkt, der sie keinen Bock mehr drauf haben). In der Doku "When We Were Beuatiful" besonders schlimm, dass JBJ da sein wahres Gesicht eines "CEOS" einer "Marke" (O-TON!) zeigt, der keine Lust mehr auf Musik hat sondern nur noch für Chartplatzierungen und Besucherzahlen rausgeht. Und die 80er Phase wird meist komplett verschwiegen. Warum eigentlich ? BJ waren eine Band, die ja an der Spitze der "Hairbands " standen, dabei aber bei weitem mehr musikalische Substanz zeigten als Poison und Konsorten. Warum also Distanzieren davon ? Ich verstehe es nicht. Das Publikum, welches 1995/1996 (mich eingeschlossen) noch stolz zur These Days Tour (der letzten wirklich geilen BJ-Scheibe) pilgerte und auf der Kutte ein BJ-Aufnäher neben einem von Slayer oder Megadeth nicht störte, ist zu 99,9% weg und ausgetauscht worden gegen das Easy Listening Publikum, welches Unheilig, Silbermond oder Pur für die beste Erfindung seit geschnitten Brot hält.

B)Neben der unsäglich seicht gewordenen Musik sind es besonders die megaflachen Lyrics und das "Working Man" Gehabe, welches mir diesen Mann so unsympathisch gemacht hat. Nimmt man es seinem New Jersey-Kollegen Bruce durchaus ab, dass er etwas übrig hat für die Arbeiterklasse so wirkt es bei JBJ aufgesetzt und unehrlich. Vor allem dann vor dem Hintergrund, dass BJ die Band sind, die mit "Diamond Circle", "Golden Circle" etc-Tickets für 500 Euro und mehr ihre VIP-Fans ausnehmen und sich dann hinstellen und ihre Durchhalteparolen für den Mann mit kleinem Geldbeutel loswerden. Das ist Heuchelei par excellance.

Wie dem auch sei, seit "It's My Life" (für mich der Anfang vom Ende, als man sich mit Boyband-Co-Autoren zusammentat) wurde die Musik immer seichter und die letzten Scheiben waren austauschbar und lustlos eingespielt und von "Rock" so gut wie keine Spur mehr.
Ebenfalls sehr traurig ist die Entwicklung von Richie Sambora, der ehemals ein wirklich kreativer Gitarrist war, das was er aber seit Jahren abspult ist auf Schülercombo-Niveau und nur noch ein Trauerspiel.
Auch wenn es JBJ nicht wahrhaben will: BJ sind trotz seines Beharrens "relevant" sein zu wollen (was in jedem Interview mit ihm zu hören ist) eine Nostalgieband, die Leute wollen keine neuen Lieder hören sondern die alten Schinken und die waren eben auch noch gut. So war die letzte CD "The Circle" ein Riesenflopp und die erste BJ-CD in den USA seit der zweiten, die nicht einmal mehr die 500.000 Marke riss. Klar haben sich die Zeiten geändert und BJ werden keine Verkaufszahlen der 80er mehr erreichen, jedoch geht es verkaufstechnisch wie künstlerisch stetig bergab und das kommt nicht von ungefähr.

Die neue Scheibe macht da keine Ausnahme und spätestens jetzt kann man konstatieren, dass sich die Truppe zu 110% von der Rockmusik verabschiedet hat. Auf der ganzen Scheibe ist kein einziges (!!!!)wirkliches Rocklied mit einem harten Gitarrenriff zu hören, die Songs klingen wie am Computer entworfen und ich wage einmal zu bezweifeln, dass die Band überhaupt hierfür gemeinsam im Studio war. Die Drums klingen synthethisch wie die gesamte gelackte "Pop"-Produktion, die jede Ecke und Kante umschifft um ja nicht aufdringlich zu wirken. Den wenigen ganz guten Songs wird somit auch der letzte Zahn gezogen.


Doch gehen wir in die Einzelkritik und bringen wir es hinter uns:

1) Because We Can
Die wohl übelste BJ-Leadsingle aller Zeiten, noch dazu eingesetzt als Opener. Was für eine laue Popnummer noch dazu von Fun's "Some Nights" 1:1 übernommen. Sicherlich geht der Song ins Ohr und man summt ihn tagelang vor sich hin, aber das macht man eben mit lauen Popsongs. Wie konnte ich anderweitig lesen: "Der Song klingt wie "I'll Sleep When I'm Dead" in der Rentnerversion". Das trifft es wohl. Das ultraschlechte Gitarrensolo, das klingt, als hätte man Brian May besoffen gemacht und einspielen lassen, setzt dem ganzen die Krone auf. Megapeinlich.

2) I'm With You
Das einzig wirklich gute Gitarrensolo der ganzen Scheibe gibt es auf diesem Song. Leider ist die Nummer derart langweilig und uninspiriert, dass es auch schon wieder wehtut. Zudem ist es auch eine eigene Coverversion der 2000er Nummer "Two Story Town", die aber vor 13 Jahren auf "Crush" leider auch um einiges besser war. Auch nicht wirklich der grosse Reißer.

3) What About Now
Der Titeltrack ist eine der üblichen 08/15 Durchhaltehymnen der Marke "Glaube an Dich und es wird schon". Ganz arm hier der Gitarrensound von Sambora, der seine langweiligen 3 Akkorde runterzockt und dessen Axt dabei klingt wie ein Rasierapparat. Grauenvoll. Der Pressgesang des Bandchefs kommt hier auch ausgesprochen prominent zur Geltung und das ist nicht wirklich positiv gemeint.

4) Pictures Of You
Einer der Songs, den man wirklich für "gut" befinden könnte, wäre er etwas mit mehr Ecken produziert worden. Dann könnte man auch darüber hingwegsehen, dass der Song letztlich "In These Arms" kopiert, der auf "Keep The Faith" zu den Highlights zählte. Auch wieder ein Armutszeugnis die nur dezent zu vernehmende Gitarre.
Guter Song aber verschenktes Potential für mehr.

5) Amen
Was wäre eine BJ-Scheibe ohne Balladen?  Früher haben sie ja gute gemacht, jetzt gibt es Tracks wie "Amen", die klingen, als wären sie von einer Einschlaf-CDs für Neugeborene entnommen. Wohl als Antwort auf "Halleluja" gedacht, welches die Band ja seit Jahren im Liveset verunstaltet. Das einzige, was ich mit "Amen" verbinde ist, dass man beten sollte, dass das Stück endlich vorbei ist und bitte nie mehr aufgeführt wird.

6) That's What The Water Made Me
Der zweite kleine Lichtblick der Platte. Flotter Beat &  Drive sowie gute Melodie.Auch hier wieder die Gitarre ganz im Hintergrund brummend (das kann NIE Sambora sein), was den Song wieder herunterzieht. Der Track mit mehr Gitarren und einer härteren Produktion wäre wirklich gut. So auch hier leider nur ein verpoppter Rocksong, der die Hausfrauen nicht vergraulen soll. Vergebene Chance.  Selbstzitate gibt es auch wieder und zwar aus "Just Older", dessen Anfang zu 100% übernommen wurde.

7) What's Left Of Me
Wäre "Someday I'll be Saturday Night" nicht bereits 1994 geschrieben worden, könnte man den Song durchaus als originell und gut abstempeln. So ist es eine eigene Coverversion garniert mit Country von meinem persönlichen Alptraumalbum "Lost Highway". Skip....

8) Army Of One
Der einzige Track, den man eine gewisse Originalität bescheinigen kann, auch wenn das Keyboard-Intro aus "Lay Your Hands On me" stammt. Sonst aber ein guter Song mit einem - oh Wunder - längerem (!!) Gitarrensolo am Ende. Der beste Song der Scheibe.

9) Thick As Thieves
Zeit wieder für eine schwülstige Ballade im Stil von "Thank You For Loving Me" mit peinlichen Lyrics. "If I robbed a Bank you would not care you'd come sit on my Lap on the electric chair and when they pull the switch we just kiss" - wirklich Jon ? Musikalisch passt sich das dem Rosamunde Pilcher-Seichtniveau an und wird hoffentlich schnell vergessen werden.

10) Beautiful World
Bon Jovi goes PINK. Das ist ein Song, der auch von Pink stammen könnte. Was bei ihr durchaus charmant klingen würde wirkt bei BJ wie wenn der 80jährige Opa auf einer Hochzeitsfeier plötzlich die Gitarre zur Hand nimmt und einen Popsong singt. Was soll das denn ? Und auch hier wieder die unsäglich platten lyrics wie toll doch alles ist. Das könnte auch Hartmut Engler geschrieben haben nur nicht in dermaßen verklebter Seichtprosa wie unser New Jersey-Ex-Rocker. Überflüssig zu sagen, dass der Song auch musikalisch nichts auf der Pfanne hat, Gitarren sind weit und breit keine zu hören und man ist froh, wenn das Trauerspiel vorbei ist.

11) Room At The End Of The World
Der nächste seichte Ausrutscher. Wenn das Ende der Welt so fürchterlich ist wie dieser Song, möchte ich dort niemals ankommen. Im Gegensatz zu den bisherigen Seichtsongs der CD hat dieser nicht einmal einen Chorus zum Mitpfeifen und geht völlig den Bach runter. Mehr ist darüber nicht zu sagen.

12) The Fighter
Alle Achtung: Waren die obigen Songs ja schon teilweise an der Schmerzgrenze so  haben sich die Jungs das schlechteste Lied ganz zum Schluss aufgehoben. Beim Versuch an Bruce Springsteen's "The Wrestler" anzuknüpfen, setzt JBJ wirklich alles an die Wand was er zu bieten hat: Ein ultrakitschiger Nöl-Refrain vorgetragen mit der weinerlichsten Stimme, die er anno 2013 drauf hat. Dieser Song würde ein ganzes Katzenheim zum Jaulen bringen. Unterirdisch!. Wo Springsteen mit Wandergitarre und charismatischen Gesang Magie abliefert, ist dies der wohl mit Abstand übelste BJ-Song, der jemals auf Kunststoff verewigt wurde.

13) Bonustracks:
Über die Bonustracks ist man schnell hinweg: "With These Two Hands" ist ebenfalls eine flotte und natürlich seichte Pop-Schunkelnummer, die von so etwas wie "Anspruch" in etwa so weit entfernt ist wie der Südpol vom Nordpol. "Not Running Anymore" und "Old Habits Die Hard" sind Solo-Songs im Stil von "The Fighter" nur nicht ganz so schlecht (aber nahe dran). Der einzig akzeptable Track bleibt dann "Into The Echo", der aber auch wieder durch seine megaseichte Machart nach dem zweiten oder dritten Hören Langeweile verbreitet.
 Was "Every Road  Leads Home To You" auf der Scheibe verloren hat weiss ich nun auch nicht, handelt es sich doch um einen Sambora-Solo-Song von seinem mißglückten Machwerk "Aftermath Of The Lowdown", welches "What About Now" trotzdem locker in die Tasche steckt.


Fazit:
Bon Jovi haben sich musikalisch nun endgültig von Rockmusik oder auch nur von im entferntesten Sinne "anspruchsvoller" Musik verabschiedet und liefern mit "What About Now" nach "Lost Highway" und "This Left Feels Right" ihrer schwächste Scheibe überhaupt ab. Die (Rock-)Band, die es bis 1995 gab, ist nicht mehr existent und ich habe selten ein lustloseres und kalkulierteres Album wie dieses gehört. Das ganze klingt nach "oh je wir müssen ein Album machen - na dann mal los aber möglichst schnell" und nicht nach einem BAND-Album. Die künstliche Produktion setzt dem ganzen Schrecken noch die Krone auf und so bleiben zwar nette Popmelodien, die aber erschreckend seicht sind und einer ehemaligen WeltklasseROCKband unwürdig sind. Manchmal fragt man sich beim Hören, ob das wirklich ernst gemeint sein soll.

Dass die neue Zielgruppe eine komplett andere ist zeigt auch ein (nicht gefakter!) Schnappschuss von einem der letzten US-Konzerte: Die Mucke ist dermassen langweilig geworden, dass sich die Omas in Reihe eins sogar langweilen und das Stricken beginnen.





Dem ist nichts hinzuzufügen - AMEN (bzw. R.I.P.) 

Martin

2 Kommentare:

  1. Ganz ganz großes Kino diese Rezi! Hier stimme ich einfach mit (fast) jedem Wort komplett überein! Großartig!! Ich hab mir als alter Jünger, der auch mal für Jon und Richie gekillt hätte, die CD entgegen meiner ursprünglichen Pläne nun doch mal geholt, weil sonst im Sommerloch nix Anständiges erscheint dieses Jahr (mir ist zundest nix bekannt). Da wollte ich doch nach einer Woche des Lauschens mal so lesen, was andere Leute so über die Platte schreiben. "Army of One" bester Song, sign. "That's What the Water Made Me" kommt für mich aber direkt dahinter, wobei hier natürlich ohne Frage sehr viel Potenzial in den Müll gekippt wurde.
    Danke für diese Top-Besprechung, you made my day!

    AntwortenLöschen
  2. "These Days" war damals auch einer eher ruhige Nummer, aber mit Qualität und Ausdruck von Emotionen. Das Ganze gab's im musikalisch wertvolllem Blues-Rock Gewand. Da hatte man das Gefühl: Jetzt fangen die erst so richtig an Musik zu machen. Der Titeltrack oder Songs wie "Something to believe in" gehen richtig unter die Haut.
    Die ganzen Liebesballaden hab ich der Band auch nie übel genommen, so waren diese nämlich wenigstens noch schön mit Liebe zum Detail.
    Irgendwie war das ja trotzdem noch Rockmusik. Es klang nicht maschinell!
    Das konnte noch mitreisen.
    Ich würde sogar fast behaupten, dass die Alben New Jersey, Keep the Faith und These Days musikalisch die besten sind.



    Becaue We Can...

    (....Geld verdienen?)

    Was soll das sein?
    "Schöööön ist es auf der Welt zu sein, sagt der gute alte Jonnylein..." Ja, klar mit so viel Kohle im Arsch würden mir Durchhalteparolen auch leichtfallen. Wann fangen die mal wieder an Songs zu schreiben die nicht nur darauf aufgebaut sind um nach 30 Sekunden einen Happy-Refrain einzuleiten? Die Songs aus den 90ern waren damals so aufgebaut, dass dieser erst nach etwa 1 Minute kam, da man sich da noch Zeit nahm um ein schönes Instrumental-Intro in den Songs einzubauen oder man Strophen hatte, die nicht nur aus 4 Zeilen bestanden. Da gab's noch schöne Zwischenbridges vor den Soli's (die auch noch wesentlich länger und verspielter waren)....

    Alles das wurde durch ein völlig langweiliges Konzept ersetzt, dass keinen ernsthaften Musikfan überzeugen kann. Ich denke selbst eingefleischte Pop-Rock-Hörer müssten inzwischen sagen: "NÄ, das ist selbst mir zu platt!"

    "Because We Can" ist übelst platt, genauso wie "The Circle", "Lost Highway" und all die anderen Alben ab dem Jahr 2000 (Wobei selbst Crush im Vergleich hierzu noch richtig abgeht). Man hätte es schon bei dem Soundtrack "Real Life" ahnen können.

    Ich hab nie erwartet, dass die Band wieder Hair-Metal aus den 80ern spielt, denn dafür sind sie wohl wirklich zu alt. Aber gerade wenn man doch die Schääfchen im Trocknen hat, dann könnte man sich doch die Zeit nehmen um ernsthafte und künsterisch wertvolle Musik zu kreieren.

    Und was ist bloß mit der Produktion los?
    Erinnert sich jemand noch an die knackigen Snare-Drum Schläge aus dem Keep the Faith-Album? "BAMM, wir sind eine Rockband."
    NÖ, jetzt wird alles dermaßen entsaftet und glattgebügelt, wie's nur geht.

    Wo ist denn Bob Rock abgeblieben?

    AntwortenLöschen

Danke für deinen Kommentar.
Dein Rockingboy-Team

P.S.: Beleidigende Kommentare werden sofort gelöscht. Bitte achtet auf eure Formulierungen - auch hier gilt: Höflich und sachlich bleiben.