Mittwoch, 1. Mai 2013

Deep Purple - Now What?!

Band: Deep Purple
Album: Now What?!
Spielzeit: 57:08 min.
Plattenfirma: Edel Records
Veröffentlichung: 26.04.2013
Homepage: www.Deep-Purple.com   

WERTUNG: 9 von 10

Tracklist:

1.     "A Simple Song" 4:39
2.     "Weirdistan" 5:40
3.     "Out of Hand"     6:09
4.     "Hell to Pay" 5:10
5.     "Body Line" 4:26
6.     "Above and Beyond" 5:30
7.     "Blood from a Stone"    5:18
8.     "Uncommon Man" 7:02
9.     "Après Vous" 5:24
10.     "All the Time in the World" 4:21
11.     "Vincent Price" 4:46

"This Album is dedicated to Jon Lord. Souls, having touched, are forever entwined."

(Quelle: DEEP PURPLE "Now What?!" Booklet)

... da musste ich doch arg schlucken und lässt, die eh schon sehr sympathische Hardrock-Legende, in einem noch besseren Licht erscheinen. Der geniale Jon Lord verstarb, am 16. Juli 2012, während des Aufnahmeprozesses, zu dem aktuellen Album, seiner Ex-Kollegen. Mit viel Wehmut denke ich seine tolle Arbeiten zurück und bin heilfroh, dass ich den Musiker mehrmals, auf DEEP PURPLE Konzerten, erleben durfte.

2002 übernahm Don Airey (u. a. BLACK SABBATH, JETHRO TULL, OZZY OSBOURNE und WHITESNAKE), dauerhaft, den Posten des Keyboarders und spielte, mit den Briten, die Alben "Bananas" (2003) und "Rapture Of The Deep", (2005) ein. Seitdem war Release-technisch erst einmal Schmalhans Küchenmeister angesagt. 2011 kamen hartnäckige Gerüchte auf, dass die Band mit dem Gedanken spiele, überhaupt keine Alben mehr zu veröffentlichen und man sich nur noch auf Liveauftritte konzentrieren wolle.

Dem  ist Gott sei Dank nicht so und 8 Jahre nach dem letzten Studioalbum meldet sich die britische Rockinstitution lautstark zurück. Musikalisch hat sich einiges bei den Rockveteranen getan und lässt, zumindest mich, die eher mittelmäßige Scheibe "Rapture ..." ganz schnell vergessen. DP sind so spielfreudig wie schon seit ca. 20 Jahren nicht mehr. Die Songs besitzen wieder tolle Ideen und ihre Leidenschaft für progressive Anteile ist wieder gewachsen. Besonders letzteres dürfte auch der Verdienst von Airey sein, der endlich über seinen Schatten springt und beweist, dass er ein phantastischer Musiker ist. Bei "Now What?!" handelt es sich schlicht und ergreifend um ein aufregendes, frisches, mitreißendes und sehr starkes Album.

Die 5 Ausnahmemusiker haben aber auch wirklich ihr Allerbestes  gegeben, so dass das Album nur gelingen konnte. Ian Gillan nutzt seine jetzige Stimmeskraft optimal aus und klingt sehr unverbraucht und kraftvoll. Der fast 68 jährige singt in einer Tonlage, welche ihn nicht an seine Grenzen stoßen lässt und trotzdem das Prädikat "typisch Gillan" verdient. Er ist halt Vollprofi  und weiß ganz genau, wie weit er sich Stimmband-technisch bewegen kann/darf. Gitarrist Steve Morse zaubert wieder einmal an seinem Instrument, liefert sich schöne Duelle mit Keyboarder Airey und sorgt für offene Münder, wenn er eines seiner vorzüglichen Soli abfeuert. Über das Groove-Monster Duo, bestehend aus Roger Glover und Ur-PURPLE'ler Ian Paice, kann und braucht man sehr wenig schreiben, denn die Leistung ist einfach nicht von dieser Welt. Die Herren sind die WALL OF SOUND mit eingebautem Präzisions-Uhrwerk. So gut die alten Recken auch agieren, es gibt da ja noch den Tasten-Wizard und dieser stiehlt, der restlichen Band, die Show und avanciert sich zum Star auf "Now What?!". Don Airey zollt seinem unerreichbaren Vorgänger Tribut und liefert eine schier unglaublich gute Arbeit ab. War er noch auf den letzten beiden Scheiben unterpräsent, so ist er hier der Hauptdarsteller. Seine Tunes, welche mich des öfteren an ELP und YES erinnern, sind allgegenwärtig. Mal begleitend, dann wieder aus dem Bandgefüge ausbrechend, wild und stets virtuos duellierend oder solierend, ohne sich musikalische Grenzen zu setzen. Einigen DP Fans wird seine Überpräsenz sauer aufstoßen und sie werden ihren Unmut lauthals kundtun. Aber wenn diese ehrlich sind, sollten sie sich einmal fragen, was die alten und so geschätzten DEEP PURPLE ausgemacht hat! Es waren die gnadenlos harten und wilden Ritchie Blackmore und Jon Lord Duelle/Eskapaden.

Der Titel des Openers "A Simple Song" sagt schon alles, über die Songeigenschaft, aus. Ruhig beginnend und hauptsächlich von Gillan's Stimme getragen, agiert die Band sehr verhalten, kann aber nicht länger als ca. 2 Minuten diesen Zustand ertragen und bricht aus. Ian intoniert den Refrain wunderschön und Keyboarder und Gitarrist bewegen sich auf gleicher Augenhöhe. So ruhig der Anfang war, endet die Nummer auch. Bei "Weirdistan" klingt der Sänger fremd bzw. verfremdet und man braucht einen Moment dies zu verdauen. Sobald man die Vocals akzeptiert hat, wird es aber Zeit das Augenmerk auf Airey zu richten. Er tobt sich regelrecht aus und gibt der Band das zurück, was sie seit der "Fireball" Release nie mehr so richtig ausgelebt hat. Nämlich einen gehörigen Schuss Progessivität. Morse, Glover und Paice sind alte Hasen und fangen den "Bandjungspund" gekonnt wieder ein bzw. holen ihn wieder auf den Boden zurück. Ein wirklich sehr herausfordernder, aber auch ein verdammt interessanter/starker Song. Mit dem Streicher-Samples unterlegten und wuchtigen "Out of Hand" gibt es einen straighteren Rocker, welcher auch gut auf "Purpendicular", von der Stimmung her, gepasst hätte. "Hell To Pay" ist eine Nummer welche, aufgrund Don's Spiel, polarisieren könnte. Ausgestatte mit einem hitverdächtigen Refrain rocken sich PURPLE, auf einem starken Niveau, durch den Song und versprühen mächtig viele '70's Vibes und einen Hauch der "Perfect Strangers" Ära.  '70er Jahre heißt aber auch Jon Lord typische Orgel Orgien. Und genau diese zelebriert der Tastenmann bis zum Abwinken. Ich finde es super geil und bekomme davon nicht genug. Vorzüglicher Track!!! Richtig erfrischend ist der Funk Rocker "Body Line" und Morse dominiert mit einem gewitzten und abwechslungsreichem Spiel, dessen Höhepunkt das kurze Solo ist. Airey schließt an diesem an und lässt aufflackern, dass er dem Saitenhexer durchaus Paroli bieten kann. Alles schön und gut, aber wäre da nicht die mächtig groovende Bass/Schlagzeug Fraktion, würde der Song eher abstinken. Einfach exzellent, wie Glover und Paice dieses Grundfundament setzen. Die Melodieführung bei "Above and Beyond" erinnert mich stark an die Proggies von YES. Gillan singt facettenreich und ist, neben den dominierenden Keys, der stärkste Faktor bei der vertrackten Nummer. "Blood from a Stone" ist, für mich persönlich, ein perfekter "Lounge Rocker", bei dem die Band zeigt, wie man effektiv mit der Laut/Leise Dynamik umgehen muss, um einen spannenden und gleichzeitig entspannenden Song hinzubekommen. Morse intoniert am Anfang von "Uncommon Man" eine wunderschöne, gefühlvolle Gitarre, zu der sich peau à peau die weiteren Instrumente gesellen und einen Spannungsbogen aufbauen, welcher in einem Fanfaren-Chor seinen Höhepunkt findet. Im Verlauf des recht vertrackten Rockers kommen wieder Vergleichsmomente zu der o.g. Progressive Rock Formation auf. Vielleicht ist dies auch nur mein empfinden ... sei's darum! "Après Vous" ist ein guter, kerniger Rocker, welcher über einen furiosen Keyboard-Part verfügt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die schon bekannte Single "All the Time in the World" haut mich nicht um. Der Song ist mir zu unspektakulär und stellt für mich "nur" durchschnittliche DEEP PURPLE Hausmannskost dar. Gillan klingt verhalten bis brav, Morse kommt, obwohl er es bei dem Solo versucht, auch nicht wirklich aus sich heraus und den Refrain finde ich einfach zum Einschlafen. Der reguläre Abschlusstrack "Vincent Price" beginnt mit einer coolen Kirchenorgel und einem phantastisch agierenden Ian. Wie der Titel es schon verspricht, versprüht der Song einen kleinen Grusel-Rock Vibe. Die Orgelarbeit und der Chor sind sensationell ausgefallen und auch der blonde Gitarrist sorgt noch einmal für mächtig Zunder. Sein Spiel ist eine totale Wucht und das fulminante Solo ist einfach die pure GEILEREI.

"Now What?!" ist unglaublich vielseitig, frisch und voller Spielfreude ausgefallen und präsentiert eine sehr starke Gesamtperformance der Band. Man muss DEEP PURPLE bescheinigen, dass sie endlich wieder auf einem sehr hohen Niveau agieren und man könnte vermuten, dass sie sich einer Frischzellenkur unterzogen haben.

Natürlich haben wir hier kein zweites "Perfect Strangers" Album vorliegen - hat das ernsthaft jemand erwartet? - aber mit "Purpendicular" braucht "Now What?!" den direkten Vergleich nicht zu scheuen.

Mir gefällt die Scheibe außerordentlich gut und sollte in keinem Rockhaushalt fehlen. DEEP PURPLE Fans haben sie eh schon und die restliche Rockgemeinde soll bitte den nächsten Online-/CD-Store aufsuchen ;-).

PFLICHTKAUF!!!

DP sind so stark wie schon lange nicht mehr und haben sich felsenfeste 9 Punkte verdient.

Götz

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Danke für deinen Kommentar.
Dein Rockingboy-Team

P.S.: Beleidigende Kommentare werden sofort gelöscht. Bitte achtet auf eure Formulierungen - auch hier gilt: Höflich und sachlich bleiben.