Album: Weather Systems
Spielzeit: 55:45 min.
Plattenfirma: KScope
Veröffentlichung: 20.04.2012
Homepage: http://www.anathema.ws
WERTUNG: 10 von 10
Tracklist:1. Untouchable - Part I
2. Untouchable - Part II
3. The Gathering Of The Clouds
4. Lightning Song
5. Sunlight
6. The Storm Before The Calm
7. The Beginning And The End
8. The Lost Child
9. Internal Landscapes
Egal in welche Schublade ANATHEMA auch gesteckt werden, ihre Platten bis ins kleinste Detail seziert werden und hier und da etwas zu bemängeln gibt, muss jeder Kritiker, sich und dem Hörer gegenüber eingestehen, dass diese britische Band einfach einzigartig/innovativ ist und der Musikszene, mit jeder Release, neue Impulse versetzt. Egal ob man nun die Frühphase der Band nimmt oder die letzten Erscheinungen betrachtet, einen mittelmäßigen oder gar schlechten Output gibt es von der Formation einfach nicht. Mit einer Stilkategorisierug tue ich mich sehr schwer bei den Briten, da ihr Sound einfach wahnsinnig vielseitig ist. Die Briten haben sich immer mehr von ihren Metalwurzeln entfernt und schon ihre letzten Scheiben boten anspruchsvollen Rock, welcher an Melancholie/Schwermütigkeit, bombastischen/epischen/virtuosen Elementen und wunderschönen melodischen Songarrangements nicht mehr zu toppen war ... so schien es zumindest.
Mit "Weather Systems" geht die Mannschaft diesen eingeschlagenen Pfad weiter und ihr ist ein atemberaubend schönes Kunstwerk gelungen, welches schwer zu begreifen ist und mit Sicherheit nicht, nach nur einen Hördurchlauf, seine ganze Schönheit offenbart. So langsam kommt bei mir der Verdacht auf, dass sich die Combo immer mehr vom eigentlichen Bandcharakter entfernt und sich selbst mehr als ein Project sieht. Die momentane Konstellation spricht auf jeden Fall dafür.
2012 besteht die Band/das Project aus:
Vincent Cavangh - Gesang und Gitarre
Lee Douglas - Gesang
Danny Cavanagh - Gitarre und Keyboards
Jamie Cavanagh - Bass
John Douglas - Schlagzeug und Keyboards
Ein nicht ganz unbekannter Sänger/Gitarrist/Songwriter hat das atemberaubende Machwerk produziert und einen phantastischen Sound hinbekommen, der zu der Art von ANATHEMA's Musik am besten passt. Klar, bombastisch und natürlich klingt dieser Silberling. Er hat den Grundgedanken und die Motivation der Formation begriffen und einfach perfekt umgesetzt. Danke dafür, Herr Steven John Wilson (PORCUPINE TREE und produzierte u. a. MARILLION, PAATOS, FISH, OPETH etc.)!
Musikalisch wird ganz großes Hallenhockey geboten. Die Instrumentalisten bewegen sich auf einem ganz hohen, technischen Niveau. Die Gitarrenarbeit des Gespanns Cavanagh/Cavanagh lässt nur offene Münder zurück und egal, ob sie sich im eher akustischen Metier befinden oder auch die elektrischen Töne von sich geben, die beiden Jungs sind einfach begnadete Virtuosen an ihren Instrumenten. John Douglas und Jamie Cavanagh agieren absolut banddienlich, liefern keine Eskapaden und brechen nur dann aus, wenn die Bandköpfe ihnen wohlwollend zugenickt haben. Der Wechselgesang von Lee und Vincent ist das Herz der Platte. Sängerin/Sänger hauchen den Stücken erst das Leben ein und bringen diese Musik zum Pulsieren. Dieses Gespann harmonisiert einfach bestens und verleiht dem Material den entsprecheden Vibe. Vincent's sonores Organ zieht den Hörer in seinen Bann und Lee's zauberhafte Stimme ergänzt/unterstützt dabei, den Songs noch mehr Tiefe und Abwechslung zu geben. Ich könnte noch Stunden über dieses Duo schwärmen!
Grandiose Songs hat die Combo schon immer geschrieben und 2012 ist es auch nicht anders. Intelligente Songstrukturen treffen auf packende Melodien und diesmal ist ihr gelungen, Melancholie, meistens ruhige Arrangements, Bombast und Virtuosität in allen 9 Liedern perfekt miteinander zu verbinden. Egal ob die Nummern zurückhaltend, rein akustisch gehalten sind oder einen rockigen (für ANATHEMA-Verhälntnisse) Anstrich haben, jeder Song explodiert im Kopf, sobald er den Weg in den Gehörgang geschafft hat und vom Gehirn verarbeitet wurde. Es entstehen wunderbare Szenarien in der Phantasie des Zuhörers und diese fesseln einen so sehr, dass man wahrlich süchtig nach den Klängen wird und gezwungen ist immer wieder den Repeat-Button zu drücken. Mir fällt es echt schwer Highlights hervorzuheben. Man muss diese Scheibe unbedingt am Stück hören und bereit sein, sich auf eine spannende, emotionsgeladene Entdeckungsreise einzulassen, denn sonst funktioniert "Weather Systems" nicht. Macht euch "naggisch" und springt in den Ozean der Gefühle!
"Untouchable, Pt. 1" und "Untouchable, Pt. 2" bilden ein tollen, symphonischen, teilweise akustischen Rockopus mit wunderschönen Piano/Streicherparts und zwei Engelsstimmen, die einem wahrlich berühren und man jede Textzeile gespannt mitverfolgt. Die elektrische Gitarre bricht im richtigen Moment aus dem ruhigen Soundgerüst und löst damit eine Lawine an Emotionen aus. Vincent singt wie ein junger Gott und lässt seiner Gefühlen freien Lauf. Lee's Stimme sorgt sofort für eine Gänsehaut und besonders, wenn die beiden im Duett singen, ist es um einen geschehen. "The Gathering of the Clouds" startet mit einem Gewittersample, welches von einer grandiosen Gitarre abgelöst wird. Vincent's Gefühlswelt schlägt Kapriolen und so leidet er gesanglich durch den Song. Die Sängerin bildet den guten Gegenpart und das Duo wird von aufwendigen Klavier/Streichersamples bis zum Schluß begleitet. Man bekommt nicht wirklich mit, dass "Lightning Song" nahtlos anschließt. Spärlich arrangiert und wieder mit Streicher/Keyboardssamples ausgestattet, setzt sich eine wunderschöne Melodie im Kopf fest und die Sängerin hat ihren großen Auftritt. Sie wird partiell von Vincent begleitet und singt sich, durch den immer anspruchsvoller werdenden Song, mit einer faszinierenden Souveränität. Mit "The Storm Before the Calm" folgt 9 1/2 Minuten monströser Art Rock. Ein düsterer und bedrohlicher Rhythmus wird immer wieder durch Gesangsfetzen unterbrochen, die in einen tollen Refrain des Duo's münden. Die Band setzt auf elektronische Spielereien / Samples und sorgt dafür, dass der Song unwahrscheinlich spannend aufgebaut ist. Er hat fast eine apokalyptische Grundstimmung, die jegliche Zuversicht / Hoffnung schon im Keim erstickt. Das unheimliche Stück kippt ganz plötzlich durch den Einsatz einer wundervollen Gitarrenmelodie und Lee's leichten, zerbrechlichen Gesang. Dann nimmt der Titel wieder an fahrt auf und Vincent verzweifelter Stimme thront über eine symphonische Struktur und wirkt schon fast majestätisch. Mit diesem Verlauf konnte man beim besten Willen nicht rechnen. Absolut hörenswert und für mich das Highlight auf der Scheibe. "Weather Systems" bietet aber noch viel, viel mehr und wartet nur darauf von euch entdeckt zu werden.
ANATHEMA ist, mit der Scheiblette, der absolute und erhoffte große Wurf gelungen. So packend, spannend und mitreißend wird Art Rock nur sehr selten dargeboten. Der Rundling ist einfach nur wunderschön. Eine erstklassige Gesangsleistung des Duo's, ein wahnsinnig geiles Songwriting und das Feeling, Emotionen musikalisch zu vertonen, macht diesen Output zu einer der besten CD's des Jahres. Einfach perfekt!
Neben den strangen PHIDEAUX gehört der Band die Zukunft in Sachen anspruchsvollen Rock.
Für dieses Meisterwerk vergebe ich 10 grandiose Punkte.
Götz
Hört sich gut an. Da werde ich jetzt neugierig, könnte nämlich exakt meine Baustelle sein. Das was ich von Anathema kenne hält sich allerdings in Grenzen, doch die paar Songs werde ich morgen mal Revue passieren lassen...
AntwortenLöschenSag Bescheid, ob sie dir gefällt, würde mich auch interessieren :-)
AntwortenLöschenHöre grad "The Beginning And The End" vom aktuellen Album und bin hin und weg. Götz hat die Stimmung genau eingefangen...Zitat: "Vincent singt wie ein junger Gott und lässt seiner Gefühlen freien Lauf". Mir läuft eine Gänsehaut nach der anderen runter. Die Platte hätte ich auch gern rezensiert aber Götz hat wohl alles gesagt. Tolles Dingens. Liegt schon im Warenkorb.
LöschenFreut mich, dass dir die Scheibe gefällt und du aufgrund der Rezi neugierig geworden bist und meine Meinung teilst! Die nächste ANATHEMA besprichst DU dann ;-))
LöschenOh ja. Freu mich schon drauf.
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